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Befindet sich unsere Bestattungskultur im Wandel?

Neue Trends

Weg von der Erdbestattung hin zu pflegefreien Bestattungsarten: unter einem Baum oder auf See.

Eine traurige Frau in schwarz steht allein auf einem Friedhof.

Der Tod ist eine unausweichliche Konstante der menschlichen Existenz – doch die Bestattungskultur befindet sich stetig im Wandel. Das betrifft nicht nur neue Phänomene wie Bestattungswälder und QR-Grabmäler. Auch in der traditionellen Bestattungskultur lassen sich Veränderungen bemerken. Zu diesem Thema haben wir mit Oliver Wirthmann gesprochen. Herr Wirthmann ist Geschäftsführer des Kuratorium Deutsche Bestattungskultur e.V. / GmbH und verantwortlich für die Stiftung Deutsche Bestattungskultur. Zudem ist er als Pressesprecher für den Bundesverband Deutscher Bestatter tätig.

Feuerbestattungen und die Tendenz zu pflegefreien Gemeinschaftsgrabanlagen. Zudem ist ein verstärkter Wunsch nach einer individuellen Gestaltung der Trauerfeier zu verzeichnen. Wie eine Umfrage[i] des Aeternitas e.V. bezeugt, lässt sich seit Jahren beobachten, dass die Erdbestattung an Bedeutung verliert:

  • 24 % der Befragten wünschten sich 2016 eine klassische Sargbestattung. Im Jahr 2004 äußerten noch 39 % den Wunsch nach einer Erdbestattung.
  • Aktuell werden 64 % aller Verstorbenen eingeäschert. Die Feuerbestattung mit anschließender Urnenbeisetzung entwickelte sich damit zur häufigsten Bestattungsart.

Wirthmann stellt eine grundlegende Ambivalenz fest. Während andere Lebensbereiche wie Sexualität in der Gesellschaft beispielsweise offen diskutiert werden, ist das Thema Tod in Deutschland immer noch ein starkes Tabu.

Baumbestattung

Naturverbundene Baumbestattung oder luxuriöse Diamantbestattung

Immer mehr Trauernde bevorzugen Bestattungsarten, die keine umfangreiche Grabpflege erfordern. Dazu zählen Seebestattungen oder anonyme Beerdigungen. Zu den traditionellen Bestattungsarten gesellen sich auch ausgefallenere Formen. Wer auch im Tod eng mit der Natur verbunden sein möchte, kann in einem Bestattungswald die letzte Ruhe finden. In Deutschland existieren etwa 160 Bestattungswälder.

  • In der Ruhe des Waldes finden Hinterbliebene Raum zur Trauer.
  • Angehörige müssen sich nicht um die Grabpflege kümmern.
  • Kosten für eine Baumbestattung: 800 – 4.500 €

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Etwas ungewöhnlicher ist die Herstellung von Erinnerungsgegenständen wie Schmuck, Bildern oder Bleistiften aus der Totenasche. Diese Bestattungsart ist wahrlich außergewöhnlich, aber sicherlich finden sie nicht alle Trauernden angemessen oder pietätvoll:

  • Bei der Diamantbestattung wird ein Teil der Asche des Verstorbenen zu einem Schmuckstein gepresst und geschliffen.
  • Die restliche Asche wird beigesetzt.
  • Kosten für einen Erinnerungsdiamanten: 5.000 - 13.000 € (abhängig von der gewünschten Karatzahl)

Achtung: In Deutschland herrscht Bestattungspflicht sowie Friedhofszwang. Daher ist hierzulande das Verfahren zur Herstellung von Erinnerungsdiamanten nicht zulässig. Diamantbestattungen werden häufig in umliegenden Ländern wie der Schweiz oder den Niederlanden durchgeführt.

Digitaler Grabstein – Innovation oder No-Go?

Die Generation der Digital Natives ist in der Welt des Internets aufgewachsen – und dort wird sie ihre letzte Ruhe finden. Durch einen QR-Grabstein können Informationen über den Verstorbenen direkt am Grab abgerufen werden. Auch eine Weiterleitung auf eine virtuelle Gedenkseite ist möglich.

QR Grabstein

Damit lässt sich die ständige Erreichbarkeit eines Trauerportals mit der Greifbarkeit eines realen Trauerorts verbinden:

  • Gedenkseiten können direkt am Ort der Bestattung abgerufen werden.
  • QR-Grabsteine sind potenziell beständiger als eine rein virtuelle Gedenkstätte.
  • Durch die ausgestalteten Trauerseiten werden Verstorbene vor dem Vergessen bewahrt.

Der QR-Code kann als kleine Platte auf dem Grabstein angebracht oder direkt eingemeißelt werden. Etwa 2.500 € müssen Sie für einen QR-Grabstein mit Gravur einplanen. Auch ein QR-Sockelstein als Ergänzung zu einem vorhandenen Grab ist möglich. Diese sind bereits ab etwa 300 € erhältlich. Allerdings sind diese Kosten immer abhängig vom Anbieter und richten sich auch nach der Größe und Gestaltung des Grabmals.

Gegner des QR-Grabsteins befürchten zunehmende Ruhestörungen auf dem Friedhof oder unangebrachte Inhalte auf verlinkten Gedenkseiten. Was halten Sie vom digitalen Grabmal? Stellt der QR-Grabstein nur eine vorübergehende Erscheinung oder die Zukunft der Bestattungskultur dar?

Noch sind Grabmäler mit QR-Codes eher eine Seltenheit. 2012 hat der Kölner Steinmetz Andreas Rosenkranz die erste QR-Code-Gravur auf einem Grabstein in Deutschland angebracht. Seitdem wurden weniger als 100 Exemplare dieser außergewöhnlichen Grabsteine angefertigt.[i] Trotzdem beschäftigt der QR-Grabstein die Bestattungsbranche und zieht immer wieder das Interesse der Medien auf sich.[ii] Momentan ist jedoch noch ungewiss, in welche Richtung sich die Digitalisierung auf dem Friedhof letztendlich entwickeln wird.

Die Digitalisierung der Bestattungskultur

Formen der digitalen Trauer wie den Austausch in Trauerportalen oder die Gestaltung von Gedenkseiten sieht Oliver Wirthmann als Chancen und Möglichkeiten, unterstreicht aber auch deren Grenzen. Technische Neuheiten wie QR-Grabsteine sind immer als Ergänzung zu traditionellen Arten der Trauer zu verstehen. Wirthmann betont den „unterstützenden Charakter“ der digitalen Trauer: „Trauer ist immer ein konkretes Geschehen, was Herz und Hand braucht. Trauer braucht einen Ort und einen Raum.“ Friedhöfe als „konkrete Orte“ sind demnach zentral für den Trauerprozess und die Verlustbewältigung, können aber „durch digitale Möglichkeiten des Gedenkens“ ergänzt werden.

Grabsteine mit QR-Codes „bieten die Möglichkeit, dass man über einen Verstorbenen weitere Inhalte des Gedenkens darbietet – und warum nicht?“ Wirthmann sieht keinen Grund, die Digitalisierung des Friedhofs grundsätzlich als gefährlich einzustufen. Allerdings betont er, dass man „nicht unreflektiert allen neuen technischen Möglichkeiten hinterherlaufen“ sollte.

[i] https://www.aeternitas.de/inhalt/marktforschung/meldungen/2016_aeternitas_umfrage_wuensche/index_html?my_objekt=qr&query_start=1&query=%27%27
[ii] https://www.domradio.de/themen/ethik-und-moral/2018-10-20/steinmetz-ruft-ersten-tag-des-grabsteins-aus
[iii] https://www.natursteinonline.de/fileadmin/NatursteinDaten/Content/NS_2012_08_050.pdf

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