Zum Inhalt springen

Digitaler Nachlass: Was passiert nach dem Tod mit meinen Daten?

Online-Erbe

Soziale Netzwerke, E-Mail-Dienste, Onlinebanking-Konten: Das digitale Leben geht nach dem Tod weiter.

Eine Frau wählt eine App aus der Übersicht auf ihrem Tablet.

„Das Internet vergisst nichts.“ Diese Warnung soll Nutzer vor leichtsinnigem Verhalten im Internet bewahren. Doch nicht nur unvorteilhafte Fotos und unüberlegte Posts überdauern im Netz – auch alle Dinge, die Sie freiwillig mit der Welt teilen, bleiben erhalten. Haben Sie sich bereits Gedanken darüber gemacht, was nach Ihrem Tod mit Ihren Accounts und geteilten Daten geschehen soll?

E-Mail-Adressen, Social-Media-Accounts oder Online-Banking-Konten: Unmengen an Daten bilden die digitale Identität. Ein Verstorbener existiert digital somit noch über den Tod hinaus. Daher ist die Pflege des digitalen Nachlasses mit ein wenig Aufwand verbunden, aber auch sehr wichtig.

Digitale Nachlassverwaltung

Schaffen Sie eine Übersicht mit Passwortlisten

Um am Puls der Zeit zu bleiben, ist eine aktive Internetnutzung selbstverständlich. Die meisten Menschen sind auf mehreren Seiten angemeldet, um die verschiedenen Aspekte ihres digitalen Lebens zu managen. Ist Ihnen bewusst, was Sie derzeit alles digital verwalten und auf welchen Seiten Sie noch angemeldet sind, selbst wenn Sie diese nicht mehr nutzen? Verschaffen Sie sich zur Nachlassverwaltung also einen Überblick über Ihre Online-Aktivitäten:

  • Verfassen Sie eine Liste von allen Seiten, bei denen Sie angemeldet sind und die Sie aktiv nutzen.
  • Tragen Sie anschließend Ihre Zugangsdaten und Passwörter zusammen.
  • Benutzen Sie einen Passwortmanager oder speichern Sie die Passwortliste lokal (zum Beispiel auf einem verschlüsselten USB-Stick).

Gute Gründe für die digitale Nachlassverwaltung

  • Beugen Sie Datenmissbrauch vor, indem Sie E-Mail-Konten und Accounts auf kommerziellen Seiten löschen, die Sie nicht mehr verwenden.
  • Kündigen Sie beispielsweise nicht genutzte Online-Abonnements und sparen Sie Geld. Machen Sie sich bewusst, was Sie derzeit digital „konsumieren“. Die Kosten für fortlaufende Verträge und Abonnements müssen unter Umständen von Erben getragen werden, wenn sie nicht rechtzeitig gekündigt wurden.
Kreditkarte
  • Erhält ein Fremder Zugriff auf die Kontodaten, können entstehende Verpflichtungen den Erben zur Last fallen. Bereits zu Lebzeiten kann es daher sinnvoll sein, eine Bankvollmacht zu erteilen, damit Ihre Angehörigen im Todesfall Ihr Konto verwalten können. Achten Sie darauf, dass die Vollmacht „über den Tod hinaus“ gilt.
  • Legen Sie eine Mappe an, in der Sie all Ihre Mitgliedschaften, Verträge und Konten mit Kontodaten auflisten. So entlasten Sie Ihre Angehörigen in der schweren Trauerzeit und kümmern sich schon frühzeitig um Ihren digitalen Nachlass.

Wichtig: Die Möglichkeiten der digitalen Nachlassverwaltung ändern sich ständig. Informieren Sie sich über die gültigen Richtlinien der Online-Dienste, die Sie häufig nutzen. In den AGBs und beim Support finden Sie aktuelle Informationen über die Konto-Verwaltung. So sind Sie im Ernstfall auf der sicheren Seite.

Tipp: Günstig die letzten Dinge regeln - mit der Sterbegeldversicherung.  

Digitales Erbe

Sichern Sie sich durch ein Testament oder eine Vollmacht ab

Selbstverständlich können Sie Ihren digitalen Nachlass auch durch ein Testament regeln. Einen Verwalter für Ihren digitalen Nachlass können Sie mithilfe einer Vollmacht bestimmen.

  • Legen Sie fest, welche Online-Konten und Daten gelöscht oder bewahrt werden sollen.
  • Notieren Sie die nötigen Zugangsdaten oder halten Sie den Aufbewahrungsort einer Passwortliste fest.
  • Bestimmen Sie eine Vertrauensperson, die sich um die Umsetzung Ihres digitalen Testaments kümmern soll. Vermerken Sie auch, auf welche Daten Ihre Familienmitglieder nicht zugreifen sollen.

Sie können auch Dienstleister zur Nachlassverwaltung nutzen. Diese kontaktieren eine Reihe von Online-Unternehmen und kündigen bestehende Verträge. Dazu benötigen sie meist nur den Namen und die Anschrift des Verstorbenen. Allerdings sollten Sie diesen Unternehmen keine Passwörter überlassen.

Nachlassverwaltung bei Google und Facebook

Eine Geburtstagserinnerung für einen Verstorbenen zu erhalten, erscheint wie ein makabrer Scherz. Um solche unangenehmen Situationen zu unterbinden, bieten Google und Facebook eine vorsorgliche Nachlassverwaltung an. Facebook-Nutzer können festlegen, dass Ihr Konto nach dem Tod gelöscht oder in den Gedenkzustand versetzt werden soll. Ein eingetragener Nachlasskontakt kann das Konto eingeschränkt verwalten.

Beim Kontoinaktivität-Manager von Google können Sie einstellen, was bei längerer Inaktivität mit dem Konto und verknüpften Konten passieren soll. Dazu zählen Beiträge und Kommentare auf YouTube, Blogs auf Blogger sowie die Gmail-Adresse. Diese Accounts und Daten können über den Kontoinaktivitäts-Manager verwaltet und deaktiviert werden.

Instagram, Twitter, Pinterest und das digitale Erbe

Falls die Hinterbliebenen keinen Zugriff auf das Konto haben, müssen sie bei vielen Social-Media-Plattformen den Support über das Ableben eines Nutzers informieren. Meist müssen die Erben einen Todesnachweis erbringen und ihr Verwandtschaftsverhältnis zur betreffenden Person beweisen. Nach einer Prüfung der Angaben wird das Konto gelöscht.

Bei Instagram können Hinterbliebene das Konto eines Verstorbenen löschen oder in den Gedenkzustand versetzen lassen. Das Konto erscheint dann nicht mehr öffentlich, beispielsweise im Abschnitt „Für dich empfohlen“. Bei Twitter und Pinterest müssen Angehörige beim Support die endgültige Löschung des Accounts beantragen.

Erbrecht bei Streaming- und Abo-Diensten

Anders als gebundene Bücher, DVDs oder CDs sind digitale Dateien nicht eindeutig vererbbar. Services wie iTunes, Audible oder Kindle verkaufen im engeren Sinne Nutzungslizenzen. Diese sind eindeutig an ein Konto gebunden. Die Weitergabe der Zugangsdaten ist bei Streaming-Diensten wie Spotify meist direkt untersagt. Ob diese Einschränkungen auch für Erben gelten, wurde noch nicht endgültig geklärt.

Frau mit Bleistift

Interview zum Thema "digitales Testament" mit Stefanie Auer, Anwältin für Urheber- und Medienrecht

Benötigt man tatsächlich ein "digitales Testament", um sich um das digitale Erbe eines Angehörigen zu kümmern? Wie rechtlich bindend ist eigentlich die digitale Nachlassverwaltung bei Anbietern sozialer Netzwerke? Genügt schon eine einfache Vollmacht zur digitalen Nachlassverwaltung? In einem Interview haben wir Frau Stefanie Auer, Anwältin bei der Kanzlei Deubelli, befragt. Erfahren Sie, wie sie aktuelle Urteile und Rechtsprechungen einschätzt. Zudem gibt Sie Ihnen hilfreiche und umfassende Tipps rund um die digitale Nachlassverwaltung.

Frau Auer, eine Umfrage des Digitalverbands Bitkom zeigt, dass bisher nur die wenigsten Internetnutzer festgelegt haben, was nach ihrem Tod mit ihren Online-Konten und Daten geschehen soll. Nur 18 % der Befragten haben ihren digitalen Nachlass teilweise oder vollständig geregelt. Haben Angehörige auch ohne explizites „digitales Testament“ eine Möglichkeit, sich um das digitale Erbe ihrer Angehörigen zu kümmern?

Die Erben haben in der Regel die Möglichkeit den digitalen Nachlass zu regeln. Ob das die Angehörigen oder Freunde sind, hängt davon ab, wer der Erbe ist. Entweder regelt das Gesetz, wer der Erbe ist, oder der Erblasser durch ein Testament. In Deutschland gilt das Prinzip der Gesamtrechtsnachfolge. Das heißt, dass der Erbe alle Rechte und Pflichten des Erblassers übernimmt. Man kann sich das so vorstellen, er tritt in die „Fußstapfen“ des Erblassers. Und damit sind sowohl digitale als auch analoge Fußstapfen gemeint. Und dazu gehören auch vertragliche Rechte und Pflichten aus sämtlichen Online-Beziehungen. Die Erben können dann auch einen Anspruch auf Auskunft, Zugang oder Löschung von Nutzerkonten und die Herausgabe von Daten haben.

Einige soziale Netzwerke bieten eine Form der digitalen Nachlassregelung an. Bei Facebook- oder Google-Konten besteht die Möglichkeit, einen Nachlasskontakt festzulegen, der sich im Todesfallum das Konto kümmern soll. Sind diese Formen der Nachlassverwaltung rechtlich bindend?

Das hängt davon ab, wie der Plattformbetreiber den Service ausgestaltet hat. Wenn man beispielsweise ein Profil bei Facebook oder Google anlegt, dann schließt man mit dem Provider einen Vertrag ab. Und wenn zu diesem Vertrag dann noch eine wirksame Regelung über den digitalen Nachlass kommt, ist sie rechtlich auch bindend. Allerdings kann es hier sein, dass innerhalb von Jahrzehnten der Provider die Regelungen oder seine Nutzungsbedingungen ändert. Bei dem Kontoinaktivität-Manager von Google kann man aktuell bis zu zehn Personen hinterlegen, die benachrichtigt werden, wenn auf das Konto in einer vom Nutzer festgelegten Wartezeit nicht mehr zugegriffen wird. Aber will ich jetzt wirklich so viele Personen benennen? Was ist, wenn ich mich mit jemandem in drei Jahren sehr streite und den Kontakt abbreche? Dann vergesse ich möglicherweise ihn beim Kontoinaktivität-Manager bei Google rauszunehmen. Und bei einer anderen Plattform sind wieder andere Personen benannt. Das kann schnell unübersichtlich werden.

Welche Art der Vorsorge empfehlen Sie, um den digitalen Nachlass zu regeln? Sollte eine Vollmacht erteilt oder ein gesondertes Testament aufgesetzt werden?

Vorab: So gut wie jede persönlich getroffene Regelung ist besser als gar keine. Denn dadurch kann 1. jeder zu Lebzeiten regeln, was mit seinem digitalen Nachlass nach seinem Tod passieren soll und 2. wird den Erben die Suche nach Konten, Zugangsdaten und Verträgen erspart.
Welche Regelung am besten ist, hängt vom Einzelfall ab. Möglich wäre es, eine Vertrauensperson zu benennen, eine Vollmacht zu erstellen, oder ein Testament zu schreiben. Deshalb kann es keine pauschale Antwort geben, was besser oder schlechter ist.
Möglichkeit 1, Person des Vertrauens benennen. Dieser händigt man eine Liste mit allen Konten samt Passwörtern aus. Ob handschriftlich niedergeschrieben oder in einem verschlüsselten Dokument auf einem USB-Stick gespeichert, ist jedem selbst überlassen. Abhängig vom Sicherheitsbedürfnis und den persönlichen Wünschen sowie Möglichkeiten. Dabei nur nicht vergessen, dass die Passwörter stets aktuell sind. Und es neben Social-Media-Profilen auch noch Konten für E-Mail-Dienste, Onlinebanking, Versandhandel, Dienstleistungen mit einem verknüpften Abo oder bezahlpflichtige Streaming-Dienste geben kann. Ein Haken daran ist: Einige Plattformbetreiber untersagen die Weitergabe der Zugangsdaten. Uns ist jedoch kein Fall bekannt, in dem ein Verstoß dagegen zu Konsequenzen geführt hätte.
Möglichkeit 2, eine Vollmacht erstellen. Das ist rechtlich verbindlicher. So eine Vollmacht muss ein Datum enthalten und unterschrieben sein. Sehr wichtig ist auch der Zusatz „über den Tod hinaus“. Außerdem bietet sich eine Vollmacht an, um nicht nur Daten weiterzureichen, sondern auch detaillierte Angaben darüber zu machen, welche Daten gelöscht, welche Verträge gekündigt werden sollen und was mit den Profilen überhaupt passieren soll. Und so eine Vollmacht kann auch für den Fall greifen, dass man länger krank ist und sich nicht um seine Angelegenheiten kümmern kann. Das Problem hierbei: Es kann nicht eingeschätzt werden, ob sich Internetgiganten daran tatsächlich halten. Ganz nach dem Motto „was interessiert mich Deine Vollmacht“. Eine richterliche Entscheidung, in der beispielsweise jemand aufgrund einer Vollmacht den Zugang zu einem Account eingeklagt hat, kennen wir nicht. Deshalb ist aktuell Möglichkeit 3 rechtlich am sichersten.
Möglichkeit 3, Testament schreiben. Ist das Testament wirksam, dann ist das die rechtlich sicherste Methode. Jedoch gibt es ein Risiko, dass gerade selbstformulierte Testamente unwirksam sein können. Hier kann es sich lohnen anwaltliche Hilfe zu holen. Vor allem weil man wohl kaum nur ein Testament wegen seinem digitalen Nachlass verfassen möchte, sondern dann gleich seinen gesamten Nachlass regelt.
Und hier muss eben jeder selbst entscheiden: Was möchte ich, wann und wie regeln? Abhängig davon gibt es eine passende Lösung.

Am 12. Juli 2018 entschied der Bundesgerichtshof, dass Eltern als Erben den Anspruch haben, auf das Facebook-Konto des verstorbenen Kindes zuzugreifen und auch Kommunikationsverläufe einzusehen. Das Erbrecht hat in diesem Falle Vorrang vor dem Fernmeldegeheimnis. Wie schätzen Sie die Bedeutung dieses Urteils für die Zukunft der digitalen Nachlassverwaltung ein?

Das Urteil schafft aktuell Rechtssicherheit. Davor war nicht klar, ob das Fernmeldegeheimnis verhindert, dass Facebook den Eltern Zugang gewähren muss. Und dass das Nutzungsverhältnis zwischen Facebook und dessen Kunden nach Ansicht der Richter des BGH auch kein höchstpersönliches Rechtverhältnis ist. Denn so eins ist nicht vererbbar. Der Zugang insbesondere zu den geschriebenen Nachrichten der Tochter war für die Eltern aber von enormer Bedeutung. Sie erhofften sich Hinweise darauf, ob ihre Tochter Suizid beging, oder ihr Tod ein Unfall war, wie der Fahrer der U-Bahn angab.

Nach dem Urteil der Richter des BGH ist der digitale Nachlass dem analogen nun gleichgestellt. Und wie bereits eingangs gesagt, hat der Erbe dadurch das Recht auf Zugangsverschaffung zu Accounts, Herausgabe der Daten oder deren Löschung.

Es kann jedoch sein, dass Provider versuchen einen Weg zu finden, wie sie die Vererbbarkeit der bei ihnen gespeicherten Daten ausschließen können. Abhilfe könnte hier eine gesetzliche Reglung schaffen. Deshalb ist es ratsam, zu Lebzeiten Vorsorgemaßnahmen zu treffen.

In unserer Checkliste Digitaler Nachlass lesen Sie, was Ihr digitales Erbe ist und wie Sie Schritt für Schritt vorgehen können, um es vorsorglich zu regeln.

Wissenswertes im Überblick

TODESFALL - Was tun, wenn jemand stirbt?

Diese Anleitung informiert Sie, welche formellen Schritte nach einem Todesfall zuerst zu erledigen sind.
Lädt...
mehr lesen

BESTATTUNGSKULTUR IM WANDEL

Beerdigung? Von gestern! Der Trend geht zur Feuer- oder Diamantbestattung. Und zum digitalen Grabstein mit QR-Code.
Lädt...
mehr lesen

ONLINE TRAUERN

Die Trauerkultur wird offener: mit neuen Gedenkorten wie virtuellen Friedhöfen. Ein Schritt in Richtung Unsterblichkeit?
Lädt...
mehr lesen
Am Laptop arbeiten und sich bei ERGO News anmelden.

Mit dem Newsletter haben Sie die Nase vorn

Bleiben Sie informiert: Mit dem ERGO Newsletter bekommen Sie regelmäßig nützliche Alltagstipps, Neuigkeiten zu Versicherungen und Vorsorge und zusätzlich tolle Gewinnchancen. Melden Sie sich gleich an!

Das könnte Sie auch interessieren:

Lachende ältere Frau mit jungem Mädchen und ihrer Mutter in der Küche.

Sterbegeldversicherung

Ob Bestattungskosten oder Trauerfeier – damit ist alles geregelt und bezahlt.

Lädt...
Zum Produkt
Eine Frau steht in ihrer Küche an die Ablage gelehnt und schaut aufs Handy.

Internet-Schutzbrief

Die Möglichkeiten im World Wide Web sind riesig – die Gefahren leider auch. Schützen Sie sich und Ihre Familie umfassend vor finanziellen Verlusten: z. B. durch Missbrauch von Konto- und Kundendaten beim Online-Shopping und -Banking.

Lädt...
Zum Produkt

Ähnliche Beiträge: