Viele Menschen möchten im Alter weniger arbeiten. Besonders günstig ist das mit der Altersteilzeit – ein Modell, das viele Vorteile für Arbeitnehmer bietet, aber auch Nachteile haben kann. In diesem Ratgeber erfahren Sie mehr über rechtliche Grundlagen, verschiedene Modelle und Auswirkungen auf Ihre spätere Rente.
Das Wichtigste im Überblick:
- Altersteilzeit bietet älteren Arbeitnehmern die Möglichkeit, vor Rentenbeginn ihre Arbeitszeit um die Hälfte zu reduzieren.
- Dank Aufstockungsbeträgen zu Gehalt und Rentenbeiträgen ist die Altersteilzeit für Arbeitnehmer attraktiver als andere Teilzeitmodelle.
- Es gibt keinen rechtlichen Anspruch auf Altersteilzeit. Grundlage ist immer eine freiwillige Vereinbarung zwischen Ihnen als Arbeitnehmer und Ihrem Arbeitgeber.
- Seit 2010 wird Altersteilzeit nicht mehr von der Arbeitsagentur gefördert. Unabhängig davon können Sie mit dem Einverständnis Ihres Arbeitgebers jedoch weiterhin in Altersteilzeit gehen.
Was ist Altersteilzeit?
Altersteilzeit ist ein besonderes Teilzeitmodell, bei dem ältere Arbeitnehmer vor dem Renteneintritt ihre Arbeitszeit um die Hälfte verringern können. Das steckt dahinter:
- Als Vorruhestandsregelung ermöglicht Altersteilzeit je nach Modell einen früheren Rentenbeginn oder einen schrittweisen Übergang in die Rente.
- Altersteilzeit erfolgt grundsätzlich auf freiwilliger Basis. Grundlage ist eine Vereinbarung mit dem Arbeitgeber bzw. ein Tarifvertrag oder eine Betriebsvereinbarung.
- Anders als bei üblichen Teilzeit-Modellen, z. B. mit einer halben Stelle, wird das Gehalt nicht in Höhe von 50 % gezahlt, sondern durch den Aufstockungsbetrag des Arbeitgebers auf mindestens 60 % erhöht.
- Zudem leistet der Arbeitgeber erhöhte Beiträge zur Rentenversicherung. Dadurch bleiben die Auswirkungen auf die spätere Rentenhöhe durch Altersteilzeit gering.
Was ist das Altersteilzeitgesetz?
Im August 1996 ist das auch heute noch gültige Altersteilzeitgesetz in Kraft getreten. Es regelt die Rahmenbedingungen der Altersteilzeit wie Dauer, Arbeitszeit und Gehaltszahlung.
- Ursprünglich wurde Altersteilzeit eingeführt, um die Einstellung neuer Mitarbeiter mit finanziellen Anreizen zu fördern.
- Zu diesem Zweck sah das Altersteilzeitgesetz bis Ende 2009 eine Förderung durch die Bundesagentur für Arbeit vor. Diese war an die Neueinstellung von Arbeitslosen oder Auszubildenden geknüpft.
- Im Rahmen der Förderung konnte sich der Arbeitgeber Aufstockungsleistungen (erhöhtes Gehalt, höhere Rentenbeiträge) erstatten lassen.
- Seit 2010 gibt es diese Förderung nicht mehr. Die Aufstockungsbeträge zu Gehalt und Rentenbeitrag muss der Arbeitgeber seither selbst zahlen.
Kann man heute noch Altersteilzeit in Anspruch nehmen?
Zwar leistet die Arbeitsagentur seit 2010 keine Förderungen für Altersteilzeit mehr, das Modell gibt es aber immer noch. Ob Altersteilzeit für Sie möglich ist, klären Sie am besten direkt mit Ihrem Arbeitgeber bzw. dem Betriebs- oder Personalrat.
Wie funktioniert Altersteilzeit?
Altersteilzeit unterscheidet sich von normaler Teilzeit in wesentlichen Punkten. Für Altersteilzeit müssen diese Bedingungen erfüllt werden:
- Für die Altersteilzeit wird im Vorfeld ein Zeitraum festgelegt, der zwischen 3 und 12 Jahren umfassen kann.
- Ihre Arbeitszeit wird in diesem Zeitraum um 50 % verringert. Als Ausgangswert gilt die Arbeitszeit, die unmittelbar vor Beginn der Altersteilzeit vereinbart war. Diese darf den Durchschnitt der letzten 24 Monate nicht übersteigen – ansonsten gilt der Durchschnitt.
- Ihr halbiertes Gehalt wird um mindestens 20 % von Ihrem Arbeitgeber aufgestockt.
- Der Arbeitgeber zahlt zusätzliche Rentenbeiträge, sodass die gesamten Rentenbeiträge während der Altersteilzeit mindestens 90 % Ihrer bisherigen Beiträge entsprechen.
Welche Voraussetzungen gelten für diese Vorruhestandsregelung?
Altersteilzeit ist im Wesentlichen an diese Voraussetzungen geknüpft:
- Sie sind mindestens 55 Jahre alt. In einigen Branchen wie der Metall- und Elektroindustrie gilt ein tarifvertragliches Mindestalter von 57 Jahren.
- Sie reduzieren Ihre Arbeitszeit um 50 %. Bei vorher 40 Stunden arbeiten Sie in Altersteilzeit 20 Stunden. Bei regulär 35 Stunden wöchentlich reduziert sich die Arbeitszeit auf 17,5 Stunden.
- Ihr Gehalt liegt auch nach der Halbierung oberhalb der Geringfügigkeitsgrenze von 520 € monatlich (Stand März 2024).
- Die Vereinbarung mit Ihrem Arbeitgeber umfasst einen Zeitraum von mindestens 3 Jahren. Üblicherweise endet die Altersteilzeit mit dem Eintritt in die Rente.
- Sie haben innerhalb der vorangegangenen 5 Jahre an mindestens 1.080 Tagen Beiträge zu den Sozialversicherungen geleistet. Hierzu zählen auch Zeiten, in denen Sie Lohnersatzleistungen (z. B. Arbeitslosengeld I und II oder Krankengeld) bezogen haben.
- Es liegt eine schriftliche Vereinbarung mit Ihrem Arbeitgeber vor.
Welche Altersteilzeitmodelle gibt es?
Abseits der gesetzlichen Rahmenbedingungen steht es Ihnen frei, in Absprache mit Ihrem Arbeitgeber, Ihre Arbeitszeit beliebig aufzuteilen. Hierfür gibt es 3 Möglichkeiten:
- Blockmodell: Sie teilen den Zeitraum der Arbeitsteilzeit in zwei gleichgroße Blöcke auf. In der aktiven Phase arbeiten Sie Vollzeit, in der passiven Phase überhaupt nicht.
- Gleichverteilungsmodell: Sie verteilen Ihre 50 % Arbeitszeit gleichmäßig über den vollen Zeitraum.
- Individuelle Aufteilung: Wann Sie wie viel arbeiten, bleibt Ihnen in diesem Modell selbst überlassen. Wichtig ist nur, dass Sie über den gesamten Zeitraum hinweg nicht mehr als 50 % Ihrer bisherigen Wochenstunden arbeiten.
In den meisten Fällen entscheiden sich Arbeitnehmer für das Blockmodell. Welches Modell Sie wählen, hat keinerlei Auswirkungen auf die restlichen Bedingungen der Altersteilzeit.
Wie viel Gehalt bekomme ich bei Altersteilzeit?
Bei der Altersteilzeit wird Ihr bisheriges Bruttogehalt zunächst halbiert. Anschließend erhöht es sich um den Aufstockungsbetrag, der mindestens 20 % des halbierten Gehaltes beträgt. Voraussetzung ist, dass Ihr halbiertes Gehalt nicht die Beitragsbemessungsgrenze zur Rentenversicherung übersteigt. Diese liegt aktuell bei monatlich 7.300 € für die alten Bundesländer bzw. bei 7.100 € für die neuen Bundesländer (Stand März 2024).
Beispiel:
- Sie verdienen normalerweise 4.000 € brutto. Einmalige Sonderzahlungen oder der finanzielle Ausgleich von Überstunden werden hierfür nicht berücksichtigt.
- Für die Altersteilzeit wird Ihr Gehalt auf 2.000 € halbiert. Das ist das sogenannte Regelarbeitsentgelt.
- Der Aufstockungsbetrag Ihres Arbeitgebers beträgt mindestens 20 % des Regelarbeitsentgeltes, also 400 €. Dieser Betrag ist für Sie steuer- und sozialabgabenfrei.
- Sie erhalten folglich 2.400 € brutto pro Monat.
Wie kann ich meine Altersteilzeit berechnen?
Wenn Sie die künftige Höhe Ihres Gehaltes bei Altersteilzeit berechnen möchten, finden Sie online verschiedene Altersteilzeitrechner. Zur Berechnung werden diese Angaben benötigt:
- Brutto-Vollzeitgehalt
- Steuerklasse
- Bundesland und Kirchensteuerpflicht
- Zusatzbeitrag zu Ihrer gesetzlichen Krankenversicherung
- Anzahl der Kinder und eventueller Kinderfreibeträge
- private (Zusatz-)Versicherungen und knappschaftliche Rentenversicherung
- Höhe des Aufstockungsbetrags Ihres Arbeitgebers (mindestens 20 %)
Wie hoch sind meine Rentenbeiträge bei Altersteilzeit?
Bei Altersteilzeit zahlt Ihr Arbeitgeber zusätzliche Rentenbeiträge für Sie ein. Dafür rechnet man mit einem fiktiven Aufstockungsbetrag von 80 % Ihres Teilzeitgehaltes, auf den Ihr Arbeitgeber die Rentenbeiträge alleine leistet.
Beispiel
Sie beziehen ohne Altersteilzeit ein monatliches Bruttogehalt von 4.000 €. Das wären die Auswirkungen dieser Vorruhestandsregelung auf Ihre Rentenbeiträge:
- Auf Ihr Teilzeitgehalt von 2.000 € zahlen Sie und Ihr Arbeitgeber jeweils 9,3 % = 186 € Rentenbeiträge (die Gehaltsaufstockung in Höhe von mindestens 20 % ist beitragsfrei).
- Zusätzlich leistet Ihr Arbeitgeber Beiträge für 80 % Ihres Teilzeitgehaltes, also für 1.600 €.
- Diese Beiträge zahlt er allein und in voller Höhe, d. h. 18,6 % = 297,60 €.
- Insgesamt belaufen sich die Beiträge in der Altersteilzeit auf 669,60 €, wovon Sie 186 € zahlen und Ihr Arbeitgeber 483,60 €.
- Das sind in diesem Beispiel insgesamt 74,40 € weniger als bei einer Vollzeitbeschäftigung. Zum Vergleich: Ohne den Aufstockungsbetrag wären Ihre Rentenbeiträge 372 € niedriger.
Hier ein Vergleich der zu zahlenden Rentenbeiträge in Vollzeit und in Altersteilzeit mit Aufstockungsbetrag:
Monatsgehalt (brutto) | Rentenbeitrag Arbeitnehmer | Rentenbeitrag Arbeitgeber | Rentenbeitrag gesamt | |
Vollzeit | 4.000 € | 372 € (9,3 %) | 372 € (9,3 %) | 744 € |
Altersteilzeit ohne Aufstockung | 2.000 € | 186 € (9,3 %) | 186 € (9,3 %) | 669,60 € |
Aufstockung für Rente | 1.600 € (80 % von 2.000 €) | – | 297,60 € (18,6 % von 1.600 €) |
Welche anderen Bedingungen gibt es in der Altersteilzeit?
Zusätzlich zu den allgemeinen Voraussetzungen sind in der Altersteilzeit einige Punkte besonders geregelt:
- Urlaubsanspruch: Grundsätzlich haben Sie in Altersteilzeit den gleichen Urlaubsanspruch wie ein vollbeschäftigter Arbeitnehmer. Dies gilt allerdings nicht für die Passivphase im Blockmodell. Urlaubstage aus diesem Zeitraum können Sie nicht in die Arbeitsphase vorziehen.
- Freistellung: Wenn Sie vorübergehend freigestellt werden und weiterhin Gehalt beziehen, hat dies meist keine Auswirkungen auf Ihre Altersteilzeit. Eine endgültige Freistellung hingegen kann problematisch werden, da in dem Fall die Voraussetzungen für die Altersteilzeit streng genommen nicht mehr erfüllt sind.
- Hinzuverdienst: Ihr Hinzuverdienst durch Beschäftigung oder selbstständige Tätigkeit darf die Geringfügigkeitsgrenze von 520 € im Monat (Stand März 2024) nicht übersteigen. Ausnahmen gelten, wenn Sie diese Tätigkeiten schon in den 5 Jahren vor Beginn der Altersteilzeit ständig ausgeübt haben.
Kann ich mich nach der Altersteilzeit arbeitslos melden?
Die meisten Arbeitnehmer beabsichtigen, mit Ende der Altersteilzeit in die gesetzliche Rente zu wechseln. Endet das Modell aber sehr früh und die Rentenabschläge sind noch hoch, ist es generell möglich, sich nach der Altersteilzeit noch für eine Übergangszeit arbeitslos melden. Beachten Sie:
- Arbeitslosengeld können Sie grundsätzlich nur bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze (67 Jahre für Jahrgänge ab 1964) beziehen.
- Vor Ihrem frühestmöglichen Renteneintritt (allgemein 63 Jahre; 62 Jahre für Schwerbehinderte ab Geburtsjahr 1964) wird Ihr Arbeitslosengeld nach der Höhe des Gehalts, das Sie bei einer Vollzeitbeschäftigung erzielt hätten, berechnet: Sie erhalten im Regelfall 60 % Ihres vorherigen Netto-Vollzeitgehaltes.
- Wenn Sie bereits eine Altersrente – auch mit Abschlägen – beziehen könnten, werden Aufstockungsbeträge bei der Berechnung des Arbeitslosengeldes nicht berücksichtigt. Sie erhalten somit im Normalfall 60 % Ihres Netto-Teilzeitgehaltes.
Kann der Arbeitgeber Altersteilzeit ablehnen?
Arbeitnehmer in Deutschland haben keinen gesetzlichen Anspruch auf Altersteilzeit. Ausnahmen gelten nur, wenn ein Tarifvertrag oder eine kirchenrechtliche Regelung Altersteilzeit vorsieht. Ansonsten ist Ihr Arbeitgeber nicht verpflichtet, Ihnen Altersteilzeit zu gewähren.
Altersteilzeit – Öffentlicher Dienst
Für den öffentlichen Dienst sah der „Tarifvertrag zur Regelung flexibler Arbeitszeiten für ältere Beschäftigte“ bis einschließlich 2022 eine gesetzliche Regelung zur Altersteilzeit vor. Seit dem 1. Januar 2023 gilt dieser Vertrag nicht mehr. Stand Februar 2023 wird in den Tarifverhandlungen für den öffentlichen Dienst über eine Verlängerung diskutiert.
Vor- und Nachteile bei Altersteilzeit – Tabelle
Die Vorruhestandsregelung ist vor allem für diejenigen attraktiv, die ihre Arbeitszeit im Alter reduzieren möchten. Die Gründe für diesen Wunsch sind vielfältig: z. B. sinkende körperliche Leistungsfähigkeit oder familiäre Verpflichtungen. Eine Übersicht über Vor- und Nachteile finden Sie in der Altersteilzeit-Tabelle:
Vorteile | Nachteile | |
Arbeitnehmer | – weniger Arbeitsbelastung im Alter – gleitender Übergang in die Rente (außer im Blockmodell) – höheres Gehalt als bei anderen Teilzeitmodellen – geringere Auswirkungen auf spätere Rentenhöhe als z. B. bei der Rente ab 63 |
– geringere Rentenbeiträge, dadurch später niedrigere Rente – Eventuelle Lohnersatzleistungen wie Kranken- und Arbeitslosengeld fallen deutlich niedriger aus – Risiko bei längerer Krankheit/Arbeitsunfähigkeit, da sich dadurch die Arbeitsphase verlängert – in der Passivphase des Blockmodells sind Rentenleistungen wie private Renten oder Kapitalauszahlungen nicht möglich |
Arbeitgeber | – langfristiger und sozialverträglicher Stellenabbau möglich – kann Personalverjüngung begünstigen – Wissen und Erfahrung von älteren Arbeitnehmern bleiben erhalten und können an jüngere weitergegeben werden, auch wenn der Arbeitnehmer nicht mehr Vollzeit arbeiten kann |
– Aufstockungsbeträge müssen aus eigener Tasche bezahlt werden |
Wie kann ich in Altersteilzeit gehen?
Wenn Sie sich für das Modell Altersteilzeit interessieren, stehen zunächst diese Schritte an:
- Prüfen Sie für sich, ob Sie mit den finanziellen Einbußen zurechtkommen würden.
- Klären Sie mit Ihrem Betriebsrat, Personalrat, Arbeitgeber oder mit der Personalabteilung, ob Altersteilzeit möglich ist.
- Fordern Sie bei der Rentenversicherung eine Rentenauskunft an, um im Vorfeld die Zeit nach der Altersteilzeit zu regeln.
- Wählen Sie gemeinsam mit Ihrem Arbeitgeber ein passendes Arbeitszeitmodell.
- Stellen Sie einen formlosen Antrag auf Altersteilzeit.
Für die Beantragung von Altersteilzeit können Sie auch ein Formular oder einen Vordruck ausfüllen. Dies erhalten Sie bei den zuständigen Stellen in Ihrem Betrieb. Ein allgemein gültiges Formular gibt es nicht.
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