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Vorerbe und Nacherbe im Testament

Rechte und Pflichten

Zuerst erbt der eine, dann der andere. Der Erblasser kann in seinem Nachlass genau festlegen, wer wann was erbt.

Ein Paar sitzt im Garten mit Blick auf ein Haus und sieht den Kindern beim Spielen zu.

Als kreativer Erblasser können Sie sehr variantenreich über Ihren Nachlass entscheiden und zunächst die eine und nach einer gewissen Zeit eine andere Person als Erben einsetzen. Bestimmen Sie einen Nacherben, wird der von Ihnen bestimmte Vorerbe zunächst auf Zeit alleiniger Nachlassinhaber. Dem Nacherben bleibt später die Erbschaft dann endgültig. Gewinner ist dabei – hoffentlich – Ihr Lebenswerk.

Testament mit Weitsicht

Ordnen Sie testamentarisch eine Vor- und Nacherbschaft an, erreichen Sie dadurch, dass zwei und wenn Sie wollen auch noch weitere Erben nacheinander die Früchte Ihrer Arbeit genießen. Sie bestimmen, dass jemand erst dann Erbe wird, wenn z. B. der erste Erbe verstorben ist oder der Nacherbe volljährig wird.

Auf diese Weise beeinflussen Sie das Schicksal Ihres Vermögens sehr langfristig. Der zunächst eingesetzte Erbe (Vorerbe) erbt Ihren Nachlass auf Zeit zunächst allein, beim Nacherben verbleibt dann die Erbschaft endgültig.

Beispiel

Sie wollen Ihre Ehefrau als Alleinerbin einsetzen. Deren Tochter aus erster Ehe soll Ihr Vermögen nach deren Ableben aber nicht bekommen. Der spätere Erbe soll der gemeinsame Sohn sein. Dann setzen Sie Ihre Ehefrau als Vor- und Ihren gemeinsamen Sohn als Nacherben ein.

Musterformulierung

Ich setze meine Ehefrau ... als Vorerbin und meinen Sohn ... als Nacherben meines Vermögens ein. Der Nacherbfall tritt mit dem Tod meiner Ehefrau ein.

Der Zeitpunkt der Nacherbschaft

Wann die Vorerbschaft endet und damit der Nacherbfall eintritt, bestimmen Sie testamentarisch selbst. In der Regel rückt der Nacherbe mit dem Tod des Vorerben nach. Sie können aber auch einen früheren Zeitpunkt bestimmen, z. B. den 18. Geburtstag des Nacherben oder die Wiederheirat Ihres Ehepartners.

Wunsch-Enkelkinder als Nacherben

Haben Sie bereits Enkel? Wenn nicht, dürfen Sie ein Enkelkind trotzdem schon als Nacherben bedenken. Ist das Kind allerdings auch zum Zeitpunkt des Nacherbfalles noch nicht gezeugt, hat es Pech und kommt ohne Erbanspruch zur Welt.

Rechte und Pflichten des Vorerben

Mit Ihrem Ableben wird der von Ihnen eingesetzte Vorerbe Eigentümer aller Vermögensgegenstände. Er erwirbt damit ein Sondervermögen, das er von seinem übrigen Vermögen zu trennen hat. Allerdings ist seine Verfügungsmacht eingeschränkt, um den von Ihnen bestimmten Nacherben zu schützen.

Was der Vorerbe darf

Der Vorerbe darf den Nutzen aus der Verwaltung des Nachlasses (etwa Mieteinkünfte aus einem zum Nachlass gehörenden Mehrfamilienhaus) ziehen und frei über die (meisten) Nachlassgegenstände verfügen.

Was der Vorerbe nicht darf

Mit der Zuweisung der Vorerbschaft haben Sie nur ein zeitlich begrenztes Erbrecht gestattet, das außerdem noch zugunsten des Nacherben gesetzlich beschränkt wird. So darf der Vorerbe aus dem Nachlass keine umfangreicheren Schenkungen vornehmen, also zum Beispiel nur angemessene Geburtstagsgeschenke (es sei denn, der Nacherbe stimmt einer umfangreicheren Schenkung zu). Ohne die Zustimmung des Nacherben darf er auch nicht über Grundstücke verfügen, sie verkaufen oder belasten.

Der befreite Vorerbe

Als Erblasser haben Sie das Recht, Ihren Vorerben von der kurzen Leine zu lassen. Befreien Sie ihn von den gesetzlichen Hemmnissen, gilt er in Fachkreisen als befreiter Vorerbe. Damit können Sie ihm das Recht geben, ohne Zustimmung des Nacherben über Grundstücke zu verfügen und seine Verwaltungsbefugnisse erweitern.

Was der Vorerbe muss

Ihren Vorerben bedenken Sie mit einer verantwortungsvollen Aufgabe.

Ordnungsgemäße Verwaltung
Er muss nämlich Ihren Nachlass nach den Grundsätzen einer ordnungsmäßigen Verwaltung mit der gleichen Sorgfalt betreuen, wie er sie auch bei eigenen Angelegenheiten anwendet. Verletzt der Vorerbe diese Pflichten, hat der Nacherbe gegen ihn einen Schadenersatzanspruch.

Zahlung der gewöhnlichen Erhaltungskosten
Dem Vorerben stehen die Erträge aus dem Nachlass zu. Er hat allerdings auch die gewöhnlichen Erhaltungskosten zu tragen. Dies sind beispielsweise

  • Renovierungskosten
  • Versicherungsprämien
  • Kosten für gewöhnliche Ausbesserungen zur Erhaltung des Nachlasses

Sollten notwendige Aufwendungen die gewöhnlichen Erhaltungskosten übersteigen, darf sie der Vorerbe aus der Erbschaft bestreiten. Dazu gehören zum Beispiel die Beseitigung von Zerstörungen, der Einbau einer besseren Heizungsanlage, die Ergänzung vernichteten Inventars und Kosten für die Erneuerung des Daches.
Ihr Vorerbe hat es nicht leicht. Er hat Ihren Nachlass wie ein Treuhänder zu behandeln, sodass ihn hinsichtlich der Erhaltung strenge Anforderungen treffen. So hat er die Pflicht, Geld aus dem Nachlass unverzüglich und verzinslich anzulegen.

Kontrollmöglichkeiten des Nacherben

Ihr Nacherbe hat die rechtliche Möglichkeit, den Vorerben auf seine Zuverlässigkeit zu kontrollieren. Tritt der Erbfall ein, kann der Nacherbe

  • den Zustand der zur Erbschaft gehörenden Sachen feststellen lassen.
  • vom Vorerben ein Verzeichnis der Nachlassgegenstände verlangen.
  • Auskunft über den Bestand der Erbschaft begehren, wenn Grund zu der Annahme besteht, dass der Vorerbe durch seine Verwaltung die Rechte des Nacherben erheblich verletzt.

Tritt nun der von Ihnen bestimmte Nacherbfall ein, fällt Ihr Vermögen automatisch an den Nacherben. Nun ist Ihr Vorerbe zur Herausgabe des Nachlasses an den von Ihnen bestimmten Nacherben verpflichtet. Dabei hat sich die Erbschaft in dem Zustand zu befinden, wie sie sich bei ordnungsgemäßer Verwaltung entwickelt haben müsste.

Wichtig zu wissen

Die Anordnung der Vor- und Nacherbfolge führt häufig zu Problemen und Belastungen zwischen Vor- und Nacherben. Diese verfolgen häufig ganz unterschiedliche Interessen. Insbesondere die Einsetzung des überlebenden Ehegatten als Vorerben und der Kinder als Nacherben hat häufig negative Konsequenzen, die vom Erblasser nicht gewollt sind.

  • Die Anordnung der Vor- und Nacherbfolge kommt in Betracht, wenn der überlebende Ehegatte von den Erträgen des Nachlasses (Zinserträge, Mieteinnahmen) leben kann. Ist zu erwarten, dass der überlebende Ehegatte den Nachlass in seiner Substanz angreifen muss, sollten Sie als Erblasser ihn als befreiten Vorerben einsetzen.
  • Verfügen beide Ehegatten über ein großes Vermögen und ist der überlebende Ehegatte imstande, seinen angemessenen Unterhalt aus eigenem Vermögen zu bestreiten, so ist die Vor- und Nacherbfolge aus erbschaftssteuerlichen Gesichtspunkten nicht sinnvoll. Die steuerlichen Nachteile entsprechen denen beim Berliner Testament. In diesem Fall sollte das Vermögen schon beim ersten Erbfall an den Endbedachten übertragen werden.
  • Zweckmäßig kann die Vor- und Nacherbfolge sein, wenn der überlebende Ehegatte verschuldet ist. In Verbindung mit einer Dauertestamentsvollstreckung können Sie so verhindern, dass Gläubiger Ihres Ehegatten in den Nachlass vollstrecken können.
  • Als Gestaltungsmodell kann die Vor- und Nacherbschaft auch dann sinnvoll sein, wenn Sie als Erblasser Ihren Ehegatten aus zweiter Ehe versorgen und Ihre Kinder aus erster Ehe als Nacherben einsetzen wollen. In diesem Fall setzen Sie Ihren Ehegatten als Vorerben und Ihre Kinder als Nacherben ein. Das Vermögen fällt dann Ihren leiblichen Abkömmlingen zu, während dem überlebenden Ehegatten zuvor die Nutzungen zustehen.
  • In Betracht kommt die Vor- und Nacherbfolge auch dann, wenn Sie nach einer Ehescheidung vermeiden wollen, dass Ihr früherer Ehegatte indirekt an Ihrem Nachlass partizipiert, indem er ein gemeinsames Kind beerbt oder Pflichtteilsansprüche erwirbt.
     

Die Alternative zur Vor- und Nacherbschaft

Auf die Vorerben-Variante können Sie unter Umständen verzichten. Falls Sie jemanden lediglich wirtschaftlich versorgen möchten, räumen Sie der fraglichen Person einen Nießbrauch am Nachlass, also z. B. ein Wohnrecht, ein.

Musterformulierung

Meine Tochter ... soll Alleinerbin werden. Meiner Frau ... steht bis zu ihrem Tod der Nießbrauch an meinem Nachlass zu.

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