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Vermächtnis oder Pflichtteil?

Oder beides?

Wer Anspruch auf ein Vermächtnis und einen Pflichtteil hat, sollte gut überlegen. Manchmal bringt der Verzicht auf eins davon mehr.

Verzweifelter Mann sitzt am Schreibtisch vor seinem Laptop.

Rechtsfrage des Tages:

Im Rahmen der gesetzlichen Erbfolge haben unter Umständen beispielsweise Kinder Anspruch auf einen Pflichtteil. Was gilt, wenn sie zwar enterbt wurden, aber ein Vermächtnis bekommen sollen?

Antwort:

Gibt es kein Testament, gilt die gesetzliche Erbfolge. So sind unter anderem Nachkommen zu gleichen Teilen gegenüber den Eltern erbberechtigt. Diese gesetzliche Erbfolge kann der Erblasser durch ein Testament ändern und beispielsweise ein Kind enterben. Diesem steht dann in den meisten Fällen aber wenigstens der Pflichtteilsanspruch zu. Gibt es allerdings als „Trostpflaster“ ein Vermächtnis, sollte der enterbte Nachwuchs gut überlegen.

Wenigstens Pflichtteil

Wer durch Testament oder Erbvertrag von der Erbfolge ausgeschlossen wird, kann einen Pflichtteilsanspruch haben. Typischer Fall sind die Kinder, die beispielsweise durch Berliner Testament von ihren Eltern zunächst von der Erbfolge ausgeschlossen werden. Meist werden sie dann als Nacherben nach dem Versterben des überlebenden Ehegatten eingesetzt. Trotz Enterbung haben Kinder Anspruch auf ihren Pflichtteil in Höhe der Hälfte des gesetzlichen Erbteils.

Vermächtnis zum Trost

Ein Testament kann aber auch vorsehen, dass der enterbte Nachkomme zum Ausgleich ein Vermächtnis bekommt. Ein Vermächtnis ist eine Einzelzuwendung durch eine Verfügung von Todes wegen. Im Gegensatz zu einem Erben erhält der Vermächtnisnehmer lediglich ein Forderungsrecht gegen den Beschwerten, meist den Erben.

Was ist günstiger?

Ein Vermächtnis lässt den Pflichtteilsanspruch nicht entfallen. Allerdings wird der Wert des Vermächtnisses auf den Pflichtteil angerechnet. Entspricht der Wert des Vermächtnisses dem des Pflichtteils oder übersteigt diesen sogar, können keine weiteren Ansprüche auf den Pflichtteil geltend gemacht werden. Ist der Wert geringer, bleibt der Anspruch auf den Pflichtteil in Höhe der Differenz zwischen Vermächtniswert und Pflichtteil bestehen. Der Wert des Vermächtnisses wird ohne etwaige Beschränkungen oder Beschwerungen ermittelt.

Zwei Möglichkeiten

Entweder der Vermächtnisnehmer nimmt das Vermächtnis an und macht gegebenenfalls einen weiteren, anteiligen Pflichtteilsanspruch gegenüber dem Erben geltend. Oder er schlägt das Vermächtnis aus und entscheidet sich für den vollen Pflichtteilsanspruch. Es kommt also auf die Art und den Wert des Vermächtnisses an, welche Variante für den Vermächtnisnehmer günstiger ist.

Tipp:

Hat das Vermächtnis keinen hohen materiellen und für den Bedachten keinerlei emotionalen Wert, kann ein Verzicht auf das Vermächtnis sinnvoll sein.

Woher weiß ich es?

Pflichtteilsberechtige haben gegenüber den Erben einen Anspruch auf Auskunft über die Erbmasse. Bevor Sie sich also entscheiden, von welcher Möglichkeit Sie Gebrauch machen möchten, sollten Sie sich zunächst einen Überblick über die Höhe der verschiedenen möglichen Ansprüche verschaffen. Da gerade im erbrechtlichen Bereich viele Stolperfallen lauern können, kann der Rat eines Fachmanns im Erbrecht hilfreich sein. Beispielsweise kann es auch vorkommen, dass das Erbe zum wesentlichen Teil aus dem Vermächtnis besteht. Dann ist es möglich, dass das Vermächtnis gar nicht wirksam ist. Lassen Sie sich beraten, wenn Sie zwischen Pflichtteil und Vermächtnis entscheiden müssen.

Stand: 01.01.2025

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