
Rechtsfrage des Tages:
Auch wenn an einem Unfall mehrere Fahrzeuge beteiligt sind, müssen nicht zwangsläufig alle hinterher beschädigt sein. Wer haftet bei einem sogenannten berührungslosen Unfall?
Antwort:
Berührungslose Unfälle sind gar nicht so selten. Stellen Sie sich vor, Sie müssen einem anderen Fahrzeug ausweichen, das plötzlich aus einem Parkplatz fährt. Eine Kollision konnten Sie zwar mit Glück vermeiden, Ihre Felgen haben Sie dabei aber an der hohen Bordsteinkante beschädigt. Verkehrsrechtlich muss derjenige, der aus einem Parkplatz in den fließenden Verkehr einfährt, diesen beachten. Das hat Ihr Unfallgegner sicherlich nicht getan. Haftet er aber, obwohl es gar keine Kollision gegeben hat?
Unfallhergang entscheidet
Nach Ansicht des Bundesgerichtshofes ist es bei Unfällen ohne Berührung entscheidend, ob das Fahrverhalten des Fahrers das Fahrmanöver des Unfallgegners beeinflusst hat. Auf eine Kollision der Fahrzeuge kommt es dabei nicht an. Die bloße Anwesenheit eines in Betrieb befindlichen Fahrzeugs reicht dagegen aber auch nicht aus. Maßgeblich ist daher immer die konkrete Unfallsituation.
Haftung für Fehlverhalten
Hat der Unfallgegner durch sein Fahrverhalten den anderen zu einem bestimmten Fahrmanöver veranlasst und führte dieses unmittelbar zu einem Schaden, stehen die Chancen für eine Schadensersatzforderung nicht schlecht. Voraussetzung ist natürlich, dass sich der Geschädigte selbst verkehrsgerecht verhalten hat. Ansonsten steht zumindest eine Teilschuld im Raum.
Der Hund auf der Straße
Denkbar sind solche Unfälle zum Beispiel auch, wenn ein Hund auf die Straße läuft und der Fahrer eines Autos beim Ausweichen mit einem anderen Fahrzeug kollidiert. Hier kommt die verschuldensunabhängige Tierhalterhaftung ins Spiel. Der Hundehalter haftet nämlich allein dafür, dass er ein potenziell gefährliches Tier als Haustier hält – unabhängig von einem Verschulden. Es kommt also nicht darauf an, ob dem Hundebesitzer ein Vorwurf gemacht werden kann oder sich der Hund vollkommen überraschend losgerissen hat. Hat der Autofahrer seinerseits keinen Fehler gemacht, kann er beim Hundehalter Schadensersatz geltend machen.
Wussten Sie, dass ...
… auch ein Leuchtgeschirr für den Hund eine Haftung nicht pauschal ausschließen oder reduzieren kann? Als Tierhalter haften Sie aus der sogenannten Gefährdungshaftung, bei der es auf ein Verschulden nicht ankommt.
Die leidige Beweislast
Ein großes Problem der berührungslosen Unfälle ist allerdings die Beweisbarkeit des Fehlverhaltens. Haben Sie keine Zeugen und bestreitet der andere Verkehrsteilnehmer seinen Vorfahrtsverstoß oder den plötzlichen Spurwechsel, kann es für den Geschädigten schwierig werden. Dieser muss nämlich beweisen können, dass der Verkehrsverstoß des anderen für den Schaden ursächlich war. Unter Umständen können da die Aufzeichnungen einer Dashcam helfen, wobei das Thema nicht unumstritten ist. Sollten Sie in einen solchen Unfall verwickelt sein, schauen Sie nach unbeteiligten Zeugen wie Passanten, die das Geschehen beobachtet haben.
Gut zu wissen ...
Können Sie den notwendigen Nachweis nicht führen, sollten Sie sich an Ihre Vollkaskoversicherung wenden. Beachten Sie dabei die kurze Meldefrist.
Stand: 17.04.2025
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