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Teure Entgleisung: Beleidigung im Straßenverkehr

Besser beherrschen

Ist der Vordermann zu langsam unterwegs und Sie haben Zeitdruck? Lassen Sie sich trotzdem nicht zu beleidigenden Gesten hinreisen.

Perspektive von der Rückbank eines Autos, wie dem Fahrer über die Schulter geschaut wird.

Rechtsfrage des Tages:

Beim Autofahren kann man manchmal wirklich aus der Haut fahren. Zu verbalen oder anderen Entgleisungen sollten Sie sich dennoch nicht hinreißen lassen. Was blüht Ihnen, wenn Sie anderen aus dem Auto heraus den "Scheibenwischer" oder den Mittelfinger zeigen?

Antwort:

Im Straßenverkehr geht es manchmal wild zu. Und dabei kann das Blut auch mal hochkochen. Beleidigende Gesten oder verbale Entgleisungen sollten Sie sich dennoch verkneifen. Beleidigung im Straßenverkehr ist nämlich kein Kavaliersdelikt. Nach § 185 Strafgesetzbuch (StGB) droht eine Geldstrafe oder sogar eine Freiheitsstrafe.

Straftat

Steigt der Adrenalinspiegel und Sie haben sich nicht im Griff, können Sie sich strafbar machen. Zeigt ein anderer Verkehrsteilnehmer Sie wegen des berüchtigten „Stinkefingers“ an, erhalten Sie schon bald Post von der Staatsanwaltschaft. Diese leitet ein Ermittlungsverfahren ein. Der erste Schritt ist dabei Ihre Anhörung. Diese wird meist durch die Polizei eingeleitet. Wichtig! Sie sind nicht verpflichtet, bei der Polizei persönlich oder schriftlich auszusagen. Ihnen steht ein Aussageverweigerungsrecht zu. Da es sich nicht um eine Bagatelle handelt, sollten Sie sich einen Anwalt nehmen. Dieser kann zunächst die Ermittlungsakte anfordern und mit Ihnen eine Verteidigungsstrategie ausarbeiten.

Verfolgung nur auf Antrag

Bei der Straftat der Beleidigung handelt es sich um ein sogenanntes Antragsdelikt. Die Tat wird also nur auf Antrag des Beleidigten verfolgt. Die Frist für die Antragstellung beträgt drei Monate ab Tattag. Danach ist die Tat verjährt. Übrigens besteht zwischen Strafantrag und Strafanzeige kein rechtlicher Unterschied. Während umgangssprachlich meist das Wort Anzeige verwendet wird, spricht das Gesetz häufig von einem Antrag. Während eine Strafanzeige von jedem erstattet werden kann, kann ein Strafantrag bis auf wenige Ausnahmen nur vom Verletzten einer Straftat selbst gestellt werden.

Was droht?

Der Straftatbestand sieht als Ahndung der Tat die Zahlung einer Geldstrafe oder eine Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr vor. Sind Sie nicht einschlägig vorbelastet, werden Sie im Falle einer Verurteilung mit einer Geldstrafe zu rechnen haben. Wie hoch diese ausfallen kann, hängt von verschiedenen Einzelheiten ab. Einen Katalog, ähnlich dem Bußgeldkatalog, gibt es nicht. Die Höhe einer Geldstrafe bemisst sich zunächst nach der Anzahl der Tagessätze. Dafür werden die Tat als solche, die Persönlichkeit des Täters, die äußeren Umstände und andere einflussnehmende Faktoren bewertet. Die Höhe des Tagessatzes richtet sich nach Ihrem Nettoeinkommen. Die Anzahl der Tagessätze multipliziert mit deren Höhe ergibt dann die Geldstrafe. Und eine Beleidigung kann durchaus teuer werden.

Von „Holzkopf“ bis „Idiot“

Aus der Vielzahl der gerichtlichen Entscheidungen lassen sich Richtgrößen feststellen. Meist verhängen die Richter eine Geldstrafe zwischen zehn und dreißig Tagessätzen. Erheben Sie die Mittelfinger zum sogenannten "Stinkefinger", haben die Gerichte Geldstrafen zwischen 600 und 4.000 Euro festgelegt. Dabei kommt es allerdings auf die Höhe des Einkommens des Angeklagten an. Vogelzeigen "kostet" im Durchschnitt 20 bis 30 Tagessätze. Kommt es ganz arg, kann das Gericht sogar ein Fahrverbot verhängen.

Beamtenbeleidigung

Teuer kann es auch werden, wenn Ihnen Ihr Mundwerk gegenüber einem Polizisten entgleitet. Das Gesetz kennt zwar keinen eigenen Tatbestand der Beamtenbeleidigung. Die Ahndung erfolgt nach den gleichen Regeln wie die Beleidigung anderer Verkehrsteilnehmer. Allerdings können Sie gegenüber Amtsträgern deutlich häufiger ins Fettnäpfchen treten. So kann das Duzen eines Polizisten bereits als Beleidigung gewertet und entsprechend bestraft werden. Eine andere Besonderheit ist das erweiterte Antragsrecht. Im Falle einer Beamtenbeleidigung kann nämlich nicht nur der Betroffene, sondern auch der Dienstherr Strafantrag stellen.

Keine Punkte in Flensburg

Eine kleine Erleichterung gibt es aber doch. Während früher eine Beleidigung im Straßenverkehr neben der Geldstrafe auch Punkte in Flensburg nach sich zog, hat sich dies seit der Punktereform geändert. Da heute nur noch sicherheitsrelevante Verkehrsverstöße bepunktet werden, werden Beleidigungen im Straßenverkehr nicht mehr im Fahreignungsregister eingetragen. Allerdings kann das Gericht ein Fahrverbot als Nebenstrafe verhängen.

Beherrschung ist gefragt

Damit es gar nicht erst zu einem belastenden Strafverfahren kommt, sollten Sie unflätige Gesten vermeiden. Ein paar kleine Tricks können helfen. Versuchen Sie, sich nicht in Stress zu bringen. Planen Sie bei Ihrer Fahrzeit zu einem Termin wenn möglich einen Puffer ein. Machen Sie bei langen Fahrten regelmäßige Pausen. Ärgern Sie sich über einen anderen Autofahrer, atmen Sie bewusst tief durch und lassen Sie sich nicht zu spontanen Äußerungen hinreißen. Kriegen Sie Ihre Wut gar nicht in den Griff, können Sie auch an einem Anti-Agressionstraining teilnehmen. Dort lernen Sie Verhaltensweisen, mit denen das Blut gar nicht erst hochkocht.

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