Rechtsfrage des Tages:
Im Internet gibt es nichts, was es nicht gibt. Und so können Sie bereits seit einiger Zeit Arzneimittel, Salben und Medizinprodukte bequem in der Online-Apotheke bestellen. Können Sie diesen Online-Vertrag aber auch, wie so viele andere Verträge im Internet, widerrufen?
Antwort:
Statt zur Apotheke um die Ecke zu gehen, bestellen viele Leute mittlerweile ihre Medikamente im Internet. Online-Apotheken gibt es so einige. Für viele im Internet geschlossene Verträge steht Verbrauchern ein gesetzliches Widerrufsrecht zu. Und auch für Arzneien und Medikamente dürfen Apothekenbetreiber das Widerrufsrecht nicht generell ausschließen.
Widerrufsrecht für Internetverträge
Das Widerrufsrecht können Verbraucher immer dann nutzen, wenn sie über Fernkommunikationsmittel Verträge schließen. Dabei kennt das Gesetz allerdings auch verschiedene Ausnahmen, bei denen das Widerrufsrecht nicht besteht. So zum Beispiel bei Artikeln, die leicht verderblich sind und sich nicht zur Rücksendung eignen. Ob das Widerrufsrecht für Medikamente gilt, kommt drauf an. Unterscheiden müssen Sie im Hinblick auf das Widerrufsrecht zunächst zwischen fertigen Medikamenten wie Kopfschmerztabletten, Hustensaft oder Abführmitteln zum einen und speziell auf Rezept angefertigten Arzneien zum anderen. Es kommt also darauf an, ob Sie ein massenhaft produziertes Medikament bestellen oder eine individuell auf Sie zugeschnittene Mischung.
Kein Widerrufsrecht für Spezialartikel
Bei Letzterem steht Ihnen nach § 312 g Absatz 2 Nr. 1. Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) kein Widerrufsrecht zu. Dieses ist generell ausgeschlossen, wenn Waren nach Kundenspezifikationen hergestellt werden. Bestellen Sie also eine speziell für Ihre Bedürfnisse angemischte Salbe, werden Sie diese nicht unter Berufung auf ein Widerrufsrecht zurücksenden können.
Widerruf sonst möglich
Wie sieht es aber mit fertigen Medikamenten aus? Noch im Jahre 2013 entschied das Landgericht Halle, dass auch Fertigarzneimittel zur Rücksendung ungeeignet seien (Urteil vom 08.01.2013, Aktenzeichen 8 O 105/12). Das Gericht berief sich auf § 7b Betriebsordnung für Arzneimittelversandbetriebe, wonach zurückgegebene Medikamente zu vernichten seien. Zumindest, wenn der Zurückgebende keine Angaben zur Verkehrsfähigkeit machen könne. Ein Widerrufsrecht sei daher ausgeschlossen. Das Oberlandesgericht Naumburg hat hingegen festgestellt, dass bei Fertigmedikamenten ein Widerrufsrecht nicht ausgeschlossen werden dürfe (Urteil vom 22.06.2017, Aktenzeichen 9 U 19/17). Zumindest nicht generell.
Die üblichen Ausnahmen
Bei schnell verderblichen Arzneien kann das Widerrufsrecht ebenso wie bei speziell für den Kunden angefertigten Präparaten ausgeschlossen werden. Bei länger haltbaren Fertigarzneien müsse der Kunde hingegen die Möglichkeit eines Widerrufs haben. Mittlerweile hat das Kammergericht Berlin sich ebenfalls dieser Ansicht angeschlossen (Urteil vom 09.11.2018, Aktenzeichen 5 U 185/17). Bisher hat sich der Bundesgerichtshof als letzte Instanz nicht zu diesem Thema geäußert. Es bleibt abzuwarten, ob dieser in absehbarer Zeit zum Widerrufsrecht bei Online-Apotheken entscheiden wird.
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