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Privatinsolvenz: Weg aus der Schuldenfalle

Insolvenzplan & Co.

Der Weg in die Schuldenfalle geht oft schnell, heraus ist er lang und steinig. Wie sind die Voraussetzungen und Dauer einer Privatinsolvenz?

Ein Pfandsiegel eines Amtsgerichts wird zwischen Daumen und Zeigefinger gehalten.

Rechtsfrage des Tages:

Viele Einkäufe mit Ratenzahlung, der Verlust des Arbeitsplatzes oder familiäre Krisen können einen Menschen schnell in tiefe Schulden stürzen. Wer sich aufrafft und dagegen anarbeiten will, bekommt eine reelle Chance. Was gilt aktuell rund um die Privatinsolvenz?

Antwort:

Ob Sie sich zu viele Ratenzahlungen zumuten oder aus einem anderen Grund einen Schuldenberg angehäuft haben – der Weg aus der Schuldenfalle ist manchmal allein nicht mehr zu bewältigen. Mit einer Privatinsolvenz können Sie diese Sorgen loswerden. Ein Spaziergang ist das allerdings nicht. Das Verfahren ist streng geregelt und fordert Ihnen eine strikte Einhaltung des Ablaufs ab. Nach einer Gesetzesänderung ist die Restschuldbefreiung aber grundsätzlich schon nach drei Jahren möglich.

Alles auf Start

Bevor Sie einen Antrag auf Eröffnung der Privatinsolvenz stellen können, müssen Sie sich zunächst selbst um eine Schuldenregulierung kümmern. Hierbei müssen Sie versuchen, mit jedem einzelnen Gläubiger eine Vereinbarung über den Abbau Ihrer Schulden zu treffen. Dazu kann Sie natürlich niemand zwingen. Ohne diesen Versuch wird Ihr Antrag auf Verbraucherinsolvenz aber gleich abgelehnt, denn das außergerichtliche Schuldenbereinigungsverfahren ist Grundvoraussetzung für die Verbraucherinsolvenz.

Schuldnerberatung hilft

Meist sind Betroffenen aber nicht nur die Schulden, sondern die gesamte Situation über den Kopf gewachsen. Sie können sich an eine anerkannte Beratungsstelle wenden, die kostenlos ist oder sich einen spezialisierten Rechtsanwalt nehmen. Diese ordnen zunächst die Vermögensverhältnisse und klären, welche Forderungen bei wem offen sind. Mit einem Schuldenregulierungsplan versucht der Berater dann, die Forderungen durch außergerichtliche Vereinbarungen mit den Gläubigern abzutragen. Diese Vereinbarungen enthalten meist den Verzicht auf einen Teil der Forderung durch die Gläubiger und eine Abzahlung in Raten. Im Idealfall kann die Schuldenregulierung sogar ein Insolvenzverfahren überflüssig machen.

Keine Einigung möglich?

Klappt es nicht mit der außergerichtlichen Schuldenbereinigung, stellt der Anwalt oder die Beratungsstelle eine entsprechende Bescheinigung aus. Damit ist der Weg zum Insolvenzantrag frei. Nach Antragstellung versucht das Gericht, in einem Einigungsverfahren eine Lösung herbeizuführen. Scheitert auch dieses gerichtliche Verfahren, wird das Verbraucherinsolvenzverfahren aufgenommen. In der Praxis wird auf diesen Schritt meist verzichtet, da eine Einigung in diesem Stadium nicht in Sicht ist. Schließlich ist der außergerichtliche Bereinigungsversuch bereits gescheitert.

Zettelwirtschaft und Eröffnung

Den Antrag auf Insolvenzeröffnung müssen Sie mit einem bestimmten Formular stellen. Dieses bekommen Sie bei Gericht oder auch im Internet. Zu dem Formular gehören diverse Anlagen, die Sie sorgfältig ausfüllen und zusammen mit entsprechenden Belegen einreichen müssen. Nicht selten ist auch hier professionelle Hilfe gefragt. Nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens verwaltet ein Treuhänder Ihr gesamtes Einkommen und Vermögen und bedient die Forderungen der Gläubiger soweit es geht. Ist das Vermögen aufgebraucht, werden in einem Schlusstermin Gläubiger und der Treuhänder angehört. Nun kann das Gericht beschließen, dass eine Restschuldbefreiung möglich ist. Allerdings müssen Sie sich erst in der Wohlverhaltensphase streng an Ihre Pflichten halten.

Wohlverhaltensphase

Für einige Jahre müssen Sie strenge Obliegenheiten erfüllen. So haben Sie die Pflicht zu arbeiten oder sich ernsthaft um eine neue Arbeitsstelle zu bemühen. Dem Treuhänder müssen Sie alle Veränderungen in Ihrem Leben, beispielsweise beim Einkommen, der Adresse oder der Arbeitsstelle, mitteilen. Und der pfändbare Teil Ihres Einkommens muss direkt an den Treuhänder gehen. Ihnen muss aber auch ein Teil Ihres Einkommens bleiben, damit Sie genug Geld zum Leben haben. Die konkrete Höhe ergibt sich aus der Pfändungstabelle.

Wie lange dauert es?

Die Wohlverhaltensphase konnte früher drei, fünf oder sechs Jahre dauern. Heute endet sie aufgrund einer Gesetzesänderung grundsätzlich nach drei Jahren. In dieser Zeit dürfen Sie keine neuen unangemessenen Schulden anhäufen. Eine Erbschaft müssen Sie zur Hälfte, einen Lottogewinn vollständig an den Treuhänder abgeben.

Restschuldbefreiung

Haben Sie sich an alle Pflichten gehalten und die Wohlverhaltensphase geschafft, endet das Insolvenzverfahren mit der Restschuldbefreiung. Sie sind dann auf einen Schlag alle noch offenen Forderungen los und können unbelastet in die Zukunft gehen. Aufgrund der Gesetzesänderung kommt es nicht mehr darauf an, dass Sie eine Mindestquote von 35 Prozent Ihrer Schulden getilgt haben. Auch auf die Abzahlung der Verfahrenskosten kommt es nicht mehr an.

Was bleibt

Geldbußen oder Geldstrafen unterliegen nicht der Restschuldbefreiung. Ihr unliebsames Knöllchen können Sie also auf diesem Wege nicht loswerden. Und auch Forderungen von Geschädigten aus einer vorsätzlichen unerlaubten Handlung werden nicht getilgt. Schulden Sie etwa einem Opfer Schmerzensgeld aufgrund einer vorsätzlichen Körperverletzung, bleibt die Forderung nach Anmeldung zur Insolvenztabelle trotz Restschuldbefreiung bestehen. Zumindest, wenn sie nicht verjährt ist. Ebenfalls nicht von der Restschuldbefreiung umschlossen sind Unterhaltsschulden. Zumindest, wenn Sie vorsätzlich, pflichtwidrig den Unterhalt nicht gezahlt haben.

 

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