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Kamera ab: Gerichtsverhandlung filmen

Echte Fälle im TV?

„Im Namen des Volkes …“: Um diesen Satz zu hören, werden Sie in den meisten Fällen einen Gerichtssaal als Zuschauer besuchen müssen.

Bei Gericht spricht eine Frau mit ihrem Anwalt.

Rechtsfrage des Tages:

Eigentlich sind Ton- und Filmaufnahmen von Gerichtsverhandlungen weitestgehend verboten. Dieses strenge Verbot ist aber vor einigen Jahren gelockert worden. Ist es möglich, Gerichtsverhandlungen per Video zu verfolgen?

Antwort:

Sendeformate mit Gerichtsverhandlungen gibt es schon seit Jahren. Auch wenn in den familien- oder strafrechtlichen Verhandlungen meist echte Richter, Anwälte und Staatsanwälte sitzen, so handelt es sich doch um inszenierte und nicht reale Verhandlungen. Wirkliche Gerichtsverfahren mit realen Fällen dürfen nicht vollständig per Video aufgezeichnet werden. Allerdings gibt es seit 2018 ein paar Ausnahmen.

Grundsatz der Öffentlichkeit

Bei Gerichtsverhandlungen gilt der Grundsatz der Öffentlichkeit. Schließlich spricht das Gericht auch im Namen des Volkes Recht. Das heißt, dass jeder sich in eine Gerichtsverhandlung setzen und diese von den Zuschauerplätzen aus verfolgen darf. Ausnahmen gelten nur für bestimmte Verfahren, beispielsweise in Jugendstrafverfahren oder Familiensachen.

Filmen und Fotografieren

Auch wenn Sie die Verhandlung von Anfang bis Ende verfolgen dürfen, Fotos und Videoaufnahmen sind tabu. Es ist streng verboten, während eines Gerichtsverfahrens sein Handy zu zücken und Fotos zu machen. Nur Pressevertretern ist es gestattet, in Gerichtsgebäuden und Verhandlungssälen zu fotografieren oder zu filmen. Allerdings auch nur vor oder nach einer Verhandlung. Der vorsitzende Richter muss dies in der Regel genehmigen. Eine komplette Verhandlung darf aber auch ein Vertreter der Presse nicht filmen.

Teilhabe und Medienöffentlichkeit

Und eine weitere Ausnahme vom Verbot der Aufnahme einer Gerichtsverhandlung gilt seit ein paar Jahren. Das "Gesetz zur Erweiterung der Medienöffentlichkeit in Gerichtsverfahren und zur Verbesserung der Kommunikationshilfen für Sprach- und Hörbehinderte" (EMöGG) soll eine bessere Teilhabe insbesondere sprach- und hörbehinderter Menschen ermöglichen. Seitdem darf eine Tonübertragung in einen Arbeitsraum außerhalb des Gerichtssaals erfolgen. Zugang zu diesem Raum haben aber nur Vertreter der Presse, des Hörfunks und Fernsehens oder andere Medienberichterstatter. Die Ton- oder Filmaufnahmen in diesem Raum sind wiederum verboten. Mitschneiden ist also nicht erlaubt. Die Einrichtung eines solchen Raumes liegt im Ermessen des Gerichts. Dieses muss zwischen dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit und den Persönlichkeitsrechten der Beteiligten am Verfahren abwägen.

Urteile der Bundesgerichte

Urteilsverkündungen vor den obersten Bundesgerichten wie Bundesgerichtshof oder Bundesarbeitsgericht können zum ausdrücklichen Zweck der Veröffentlichung hingegen mitgeschnitten und gefilmt werden. Auch hierüber entscheidet das Gericht, ebenso wie über eventuelle Auflagen oder Einschränkungen. Neu ist seit Inkrafttreten des Gesetzes noch, dass zeitgeschichtlich besonders bedeutsame Verfahren künftig vollständig aufgezeichnet werden dürfen. Dies allerdings nur zu wissenschaftlichen oder historischen Zwecken. Die Aufnahmen müssen dem Bundes- oder Landesarchiv angeboten werden, das diese dann archiviert. Wird die Übernahme abgelehnt, müssen die Aufnahmen vernichtet werden.

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