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Strafanzeige stellen: Wie funktioniert das?

Nicht nur bei der Polizei

Wird man Opfer oder Zeuge einer Straftat, ist die Verunsicherung meist groß. Hier finden Sie hilfreiche Tipps zum Thema Strafanzeige.

Handtasche gestohlen, Kratzer in der Autotür, Fahrrad verschwunden: Viele Geschädigte sind sich unsicher, ob, wann und auf welchem Weg sie in solchen Fällen eine Strafanzeige stellen sollen. Michaela Rassat, Juristin der ERGO Rechtsschutzversicherung, zeigt auf, wann eine Anzeige sinnvoll ist und welche Abläufe Betroffene kennen sollten.

Was ist eine Straftat?

Eine Strafanzeige kann jeder stellen, der von einer möglichen Straftat erfahren hat – egal, ob Opfer oder Zeuge. Wem beispielsweise eine Tasche gestohlen wurde, der ist Opfer einer Straftat geworden und sollte Anzeige erstatten. Das gilt aber auch für denjenigen, der eine Straftat beobachtet.

Doch was genau ist eigentlich eine Straftat? "Eine Straftat muss im Strafgesetzbuch oder einem anderen Gesetz als verbotene Tat beschrieben und unter Strafe gestellt sein", erklärt Michaela Rassat. "Zudem muss sie rechtswidrig, also ohne eine gesetzlich geregelte Rechtfertigung wie etwa Notwehr, begangen worden sein. Als letztes Merkmal für eine Straftat gilt, dass sie schuldhaft erfolgt ist. Das bedeutet, dass sie dem Täter vorgeworfen werden kann. Dies kann zum Beispiel ausgeschlossen sein, wenn der Täter schuldunfähig ist." Zu den häufigsten Straftaten gehören nach der polizeilichen Kriminalstatistik des Bundesinnenministeriums Diebstahl, Betrug und Sachbeschädigung.

Strafanzeige oder Strafantrag?

Übrigens: Eine Strafanzeige ist etwas anderes als ein Strafantrag. Beides kann bei Staatsanwaltschaft, Polizei oder Amtsgericht schriftlich oder mündlich vorgebracht werden, wobei die mündliche Variante zu beurkunden ist. Strafanträge sind die Voraussetzung für die Verfolgung bestimmter Straftaten, zum Beispiel Hausfriedensbruch oder Beleidigung. Anders als bei Strafanzeigen können Strafanträge nur die Geschädigten selbst stellen. Der Strafantrag ist fristgebunden und kann nur innerhalb von drei Monaten nach der Tat erfolgen. Einen Strafantrag können Betroffene zurücknehmen – eine Strafanzeige nicht.

Die Staatsanwaltschaft muss gemäß § 160 Absatz (Abs.) 1 StPO einen Sachverhalt erforschen, von dem sie durch Anzeige Kenntnis erlangt hat. Am Ende ist es die Aufgabe der Staatsanwaltschaft zu entscheiden, ob eine öffentliche Anklage erhoben wird oder nicht.

Daraus wird deutlich: Durch eine Anzeige wird ein Verfahren angestoßen, dass Sie nicht mehr so einfach kontrollieren können. Bei einer Falschanzeige droht die eigene Strafbarkeit nach § 164 StPO.

Strafanzeige erstatten: wo und wie?

Wer eine Strafanzeige stellen möchte, kann sich an die Polizei, die Staatsanwaltschaft oder das Amtsgericht wenden (§ 158 Abs. 1 Strafprozessordnung StPO). Die Anzeige kann der Betroffene mündlich oder schriftlich abgeben. In manchen Bundesländern ist auch eine Online-Strafanzeige möglich: Dafür müssen Anzeigensteller die Webpage der Polizei des jeweiligen Bundeslandes aufrufen und nach „Onlinewache" oder „Internetwache" suchen. Bei einer mündlichen Anzeige erstellt die Polizei ein Protokoll und ordnet ihr ein Aktenzeichen zu. Das Protokoll mit Aktenzeichen müssen Diebstahlopfer meist bei der Diebstahlsmeldung an die Versicherung mit einreichen. Meist ist der Täter dem Anzeigensteller nicht bekannt. In diesem Fall richtet sich die Anzeige „gegen Unbekannt".

Kosten der Strafanzeige / Strafantrag

Mit der Erstattung einer Strafanzeige oder dem Stellen eines Strafantrags unterstützt man die Ermittlungsbehörden wie Polizei und Staatsanwaltschaft bei ihrem Vorgehen gegen Kriminalität. Aus diesem Grund sind sowohl Strafanzeigen als auch Strafanträge grundsätzlich kostenfrei.

Es gibt allerdings Ausnahmen von dieser Regel: Engagieren Sie einen Anwalt zur Erstattung der Strafanzeige, müssen Sie dessen Kosten tragen. Die Strafanzeige an sich ist dann immer noch kostenlos, Sie zahlen nur für die Arbeitszeit des Anwalts.

Und teuer wird es, wenn Sie eine vorsätzlich falsche Strafanzeige erstattet haben. Auch in diesem Fall ist zwar die falsche Strafanzeige kostenlos, Sie müssen aber mit einem Verfahren gegen sich selbst und im Anschluss daran mit einer Geldstrafe rechnen.

Der Strafantrag kann im Gegensatz zur Strafanzeige zurückgenommen werden. Wird das Verfahren aus diesem Grund eingestellt, hat der Antragsteller die Kosten des Beschuldigten und dessen notwendigen Auslagen nach § 470 StPO zu tragen.

Strafanzeige gestellt - und dann?

Polizei oder Amtsgericht leiten die Strafanzeige dann an die Staatsanwaltschaft weiter. Gibt es ausreichende Verdachtsmomente für eine Straftat, leitet diese das Ermittlungsverfahren ein. Mit Hilfe der Polizei wird nun festgestellt, was tatsächlich passiert ist. Dazu gehören zum Beispiel die Vernehmung aller beteiligten Personen ("Wer hat etwas gesehen?") und die Sicherung aller Spuren am Tatort ("Hat der Dieb vielleicht etwas vergessen, was ihn identifiziert?"). Zudem fahndet die Polizei nach Tatverdächtigen und überprüft, ob ähnliche Straftaten zur gleichen Zeit stattgefunden haben. Der Erstatter der Anzeige gilt dabei als Zeuge. Abhängig von den Ermittlungsergebnissen erhebt der Staatsanwalt Anklage mit einem Strafverfahren als Folge. Ist der Dieb unauffindbar, läuft das Ermittlungsverfahren „gegen Unbekannt". Liegen nicht genügend Beweise für eine Straftat vor, stellt der Staatsanwalt das Verfahren ein. Der Anzeigensteller erhält dann einen schriftlichen Bescheid (§ 171 Abs. 1 Satz 1 StPO). Ist er der Geschädigte der Straftat, kann er dagegen bei der Staatsanwaltschaft Beschwerde einlegen. Ob dann trotzdem ein Verfahren eingeleitet wird, entscheidet die Generalstaatsanwaltschaft. "Von vielen Straftaten erfahren die Polizei und die Staatsanwaltschaft nur durch eine Strafanzeige", fasst Michaela Rassat zusammen. "Daher ist es wichtig, dass Betroffene eine Anzeige stellen."

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