Rechtsfrage des Tages:
Wer über Land fährt, wird sicherlich auch an üppig tragenden Obstbäumen vorbeikommen. Pflaumen, Äpfel und Birnen verlocken zum Naschen. Dabei stehen diese Bäume nicht immer in Gärten oder auf privaten Grundstücken, sondern vielfach einfach am Straßenrand. Wer darf diese Bäume abernten?
Antwort:
Bäume mit saftigem, reifem Obst säumen viele Straßen. Stehen diese Bäume nicht auf Privatgrundstücken, fallen die Früchte nicht selten einfach zu Boden und verderben. Dabei würde der eine oder andere sicherlich gerne zum Apfelpflücker greifen. Ganz so einfach ist das aber nicht. Die Obstbäume sind nämlich keineswegs herrenlos. In der Regel gehören sie der Gemeinde, an deren Straße sie stehen. Und zum Gemeingebrauch der Straßen gehört zwar das freie Befahren, nicht aber das Ernten am Straßenrand.
Ob Sie dürfen oder nicht …
Wie die jeweiligen Gemeinden mit dem Pflücken des Obstes umgehen, ist von Ort zu Ort unterschiedlich. Teilweise müssen Sie eine Genehmigung zum Abernten jedes einzelnen Baumes einholen. Manchmal wird das Obst an den Bäumen sogar versteigert. Oder Sie dürfen sich auch frei bedienen. Das Abernten wird dann als willkommene Landschaftspflege gewertet. Daher sollten Sie sich bei Ihrer Gemeinde erkundigen, was für den von Ihnen favorisierten Baum gilt.
Nur für mich
Manche Städte oder Gemeinden geben Obstfans gerne entsprechende Tipps, wo sie kostenlos nach Herzenslust ernten können. Die Stadt Berlin hält beispielsweise eine interaktive Karte vergessener Obstbäume bereit, die zum Ernten freigegeben sind. Hier können Sie bedenkenlos mit Eimer und Körbchen zu Werke gehen. Dürfen Bäume und Sträucher ohne besondere Genehmigung abgeerntet werden, können Sie zuschlagen. Allerdings nur für den Eigenbedarf. Ernten für den gewerbsmäßigen Handel ist in der Regel nicht erlaubt. Sie dürfen also Kirschen für Ihren nächsten Obstkuchen pflücken. Wollen Sie Marmelade kochen, dürfen Sie einzelne Gläser auch im Freundeskreis verschenken. Was nicht erlaubt ist: Obst ernten und auf dem nächsten Markt verkaufen.
Eine ist keine
Vermutlich wird Sie niemand gleich anzeigen, wenn Sie eine einzelne Kirsche vom Baum naschen. Rechtlich handelt es sich aber tatsächlich um Diebstahl. Früher gab es einen speziellen Paragrafen, der den sogenannten Mundraub vom eigentlichen Diebstahl unterschied. Wer aus Not oder Hunger kleine Mengen Lebensmittel zum direkten Verzehr mitgehen ließ, musste nur mit einer milden Strafe rechnen. Diese Vorschrift wurde aber in den siebziger Jahren abgeschafft. Heute kann schon die Entwendung eines einzelnen Apfels ein Diebstahl sein. Allerdings wird diese Tat nur auf Antrag verfolgt, solange es sich um geringwertige Sachen handelt.
Achtsam ernten
Gleichgültig, ob Sie ohne Erlaubnis ernten dürfen, eine spezielle Genehmigung haben oder einen Baum zum Abernten ersteigert haben: Achten Sie auf sich und die Natur. Da sich viele Obstbäume beispielsweise an der Landstraße befinden, müssen Sie besondere Obacht auf den Verkehr legen. Stellen Sie Ihr Auto nicht einfach am Straßenrand ab und achten Sie darauf, dass Sie keine anderen Verkehrsteilnehmer behindern oder sich und andere gefährden. Gleichzeitig mit dem Ernten können Sie auch die Natur schützen. Pflücken Sie das Obst so, dass Sie den Baum oder Strauch nicht beschädigen. Äste abknicken oder einfach abbrechen muss tabu sein. Halten Sie sich an die Regeln, können Sie sich über einen üppigen Obstkorb freuen.
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