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Kündigung wegen Eigenbedarf

Tante statt Mieter

Eigenbedarf – der Schrecken aller Mieter. Aber keine Sorge: Nicht jede Kündigung des Vermieters aus diesem Grund ist rechtens.

Im Gespräch mit Ihrem Vermieter sind Sie sich schon seit einiger Zeit wie ein Fremdkörper vorgekommen? Ihr Gefühl hat Sie nicht getäuscht. Ihr Hauswirt will Ihre Wohnung für sich oder seine Lieben.

Wohnungs- oder Hauseigentümer haben die Möglichkeit, einem Mieter wegen Eigenbedarfs zu kündigen. Nicht immer zu Recht. Manchmal wird dieser Grund vorgeschoben, um sich von einem unbequemen Mieter zu trennen.

Begründeter Eigenbedarf

Der Vermieter hat ein sogenanntes berechtigtes Interesse an der Kündigung, wenn er die Wohnung für sich selbst, seine Familienangehörigen oder Angehörige seines Haushalts benötigt. Dabei muss es sich nicht unbedingt um Wohnbedarf handeln. Es fällt auch unter Eigenbedarf, wenn die bisher vermietete Wohnung nun z. B. als Büro für die berufliche Tätigkeit genutzt werden soll. Dazu gibt es jedoch nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Urteil vom 29.3.17 Einschränkungen, Az: VIII ZR 45/16: Nicht jede Absicht der beruflichen Nutzung reicht aus. Das Interesse des Vermieters an beruflicher Nutzung muss ähnlich hoch sein wie das Eigenbedarfsinteresse. Es muss sich aber nicht um eine Notlage des Vermieters handeln, etwa drohende Obdachlosigkeit.

Hier gibt es eine Rechtsprechungsübersicht zum Eigenbedarf.

Berechtigte Angehörige

Beliebig austauschbar gegen jemanden, der irgendwie mit Ihrem Vermieter verwandt ist, sind Sie allerdings nicht. Möchte er aber Ihr Quartier, um

  • seine Eltern oder Großeltern
  • seine Kinder oder Enkel
  • seine Geschwister oder deren Kinder
  • seinen Lebenspartner

aufzunehmen, einziehen zu lassen oder selbst einziehen, wird es Ihnen nicht leicht fallen, sich gegen die Kündigung zu wehren. Kann Ihr Vermieter nachweisen, dass er zu einem entfernten Verwandten eine besonders intensive Beziehung pflegt, gestattet ihm auch dies eine Eigenbedarfskündigung.

Erst seit einem Urteil des BGH vom 27.1.2010, Az: VIII ZR 159/09, kann der Eigenbedarf auch für eine Nichte des Vermieters geltend gemacht werden, ohne dass eine besonders enge Beziehung nachgewiesen werden müsste. Lesen Sie hier weitere Beispiele aus der Rechtsprechung.

Auch für Pflegekinder oder Angestellte des Vermieters müssen Sie womöglich die Wohnung räumen.

Überzeugende Begründung

Der Gesetzgeber verlangt von Ihrem Vermieter Überzeugungskraft, wenn dieser Ihnen Ihre Bleibe entzieht. Der Vermieter muss im Kündigungsschreiben vernünftige und nachvollziehbare Gründe nennen, warum er die Wohnung haben möchte. Er muss die Person angeben, für die er die Räume benötigt. Und er muss begründen, warum gerade diese Person Ihre Wohnung braucht.

Hier finden Sie einen Musterbrief für eine Eigenbedarfskündigung.

Welchen seiner Mieter der Vermieter mit seiner Eigenbedarfskündigung beglückt, kann er selbst wählen. Auch wenn es den betroffenen Mieter härter trifft als seinen Nachbarn mit einer vergleichbaren Wohnung, macht das die Kündigung nicht per se unwirksam.

Vorbeugung von Missbrauch

Um jedoch zu vermeiden, dass Vermieter sich durch eine Eigenbedarfskündigung von unliebsamen Mietern trennen wollen, haben die Gerichte Grenzen gesetzt. Werden Sie deshalb hellhörig, wenn

  • schon bei Vertragsschluss der Eigenbedarf vorlag bzw. voraussehbar war. In diesem Fall hätte der Vermieter einen befristeten Vertrag abschließen müssen. Die Kündigung kann dann "treuwidrig" sein.
  • der Vermieter eine 200-Quadratmeter-Wohnung für seine alleinstehende Tochter will. In diesem Fall kann der "Wohnbedarf überhöht" sein. Im Einzelfall kann jedoch auch dieser Wunsch von den Gerichten akzeptiert werden. Nämlich dann, wenn der Vermieter nachvollziehbare Gründe dafür hat.
  • der Vermieter die Wohnung gar nicht in dem Rahmen nutzen kann, wie er im Kündigungsschreiben angegeben hat.

Sie können mit diesem Musterschreiben dann der Eigenbedarfskündigung widersprechen. Wenn sich die Lebensplanung desjenigen ändert, für den der Eigenbedarf geltend gemacht wird, kann auch nach eher kurzer Mietdauer zu Recht Eigenbedarf geltend gemacht werden. Der Eigenbedarf darf nur bei Abschluss des Mietvertrags für den Vermieter nicht voraussehbar gewesen sein. In diesem Zusammenhang hat der BGH die Rechte zur Eigenbedarfskündigung für den Vermieter gestärkt, vgl. BGH VIII ZR 233/12.

Außerdem sagt der BGH: Der Vermieter ist bei Neuvermietung nicht verpflichtet, sich zu überlegen, wann oder ob er oder ein Familienangehöriger in absehbarer Zeit die Wohnung benötigen wird. Er muss keine Bedarfsvorschau machen. Wenn er dann nach eher kurzer Mietzeit wegen Eigenbedarfs kündigt, ist das trotzdem wirksam.

Bis vor Kurzem war der Vermieter noch verpflichtet, in dem vom Mieter bewohnten Haus oder der Wohnanlage eine andere vergleichbare Wohnung, die dem Vermieter gehört, dem gekündigten Mieter als Ersatz anzubieten, wenn diese leer steht oder bis zum Ablauf der Kündigungsfrist frei werden sollte. Durch eine aktuelle Entscheidung des BGH hat sich die Rechtslage verändert (Urteil vom 14.12.2016, Az: ZR VIII ZR 232/15): Die Kündigung bleibt wirksam, auch wenn keine geeignete Ersatzwohnung angeboten wurde. Der Vermieter kann deswegen höchstens auf Schadenersatz in Anspruch genommen werden, z. B. wegen Kosten für einen Makler oder den Umzug.

Tipp

Schlagen Sie doch beim Amtsgericht im Grundbuch nach, ob der Vermieter weitere Wohnungen besitzt. Vielleicht können Sie ermitteln, ob einige davon unbewohnt sind.

Kein "Ersatz-Eigenbedarf"

Schlägt Ihr Vermieter einen Zickzack-Kurs durch die Kündigungsgründe ein, ist dies ebenfalls nicht erlaubt. Sollte sich der Grund für Ihren Hinauswurf zum Beispiel wegen des Ablebens Ihres potenziellen Nachfolgers erledigt haben, darf Ihnen nicht übergangslos eine Ersatzperson präsentiert werden. Ihr Vermieter hat Sie - im Gegenteil - über den Wegfall des Eigenbedarfs zu informieren und Sie müssen nicht ausziehen.

Vorgeschobener Eigenbedarf

Es steht fest: Ihr Vermieter hat Sie schändlich betrogen! Nicht dessen schwer kranker Vater wohnt jetzt als Nachfolger in Ihrer Wohnung, sondern eine quietschfidele junge Dame von außerhalb.

Die Täuschung

Zumindest der Verdacht liegt nahe, dass Ihr Vermieter den Eigenbedarf lediglich vorgetäuscht hat, um die Wohnung zu verkaufen oder jedenfalls mit einem ihm genehmeren Bewohner auszustatten.

Der Schadenersatz

Können Sie ein solch abgekartetes Spiel zu Ihren Lasten zweifelsfrei nachweisen, muss Ihnen der Vermieter alle Kosten inklusive einer möglichen Mietdifferenz ersetzen, die Ihnen durch den Umzug entstanden sind. Die Liste Ihrer Ausgaben haben Sie sicher noch parat.

Sie könnten sogar verlangen, in Ihre ehemalige Wohnung zurückzukehren, solange sie noch nicht belegt ist. Aus persönlichen Gründen werden Sie darauf aber sicher verzichten.

Selbst falls Sie gegen die Kündigung geklagt haben und sich vor Gericht auf einen Vergleich eingelassen haben, steht Ihnen Schadenersatz zu, wenn der Eigenbedarf nur vorgetäuscht war, BGH, AZ: VIII ZR 99/14.

Tipp

Beeindrucken Sie Ihren Vermieter vor Ihrem Auszug. Lassen Sie ihn wissen, dass Sie Schadenersatz von ihm fordern werden, wenn nicht tatsächlich der vorgesehene Verwandte einzieht.

Eigenbedarf nach Verkauf einer Eigentumswohnung

Verkauft Ihr Vermieter Ihre gemietete Eigentumswohnung, kann der neue Eigentümer nach Eintragung im Grundbuch wegen Eigenbedarfs kündigen. Gegen eine solche Kündigung können Sie nichts einwenden.

Einschränkung bei Wohnungsumwandlung vor Verkauf

Hat Ihr Vermieter Ihre Wohnung dagegen nach Abschluss des Mietvertrages zunächst in eine Eigentumswohnung umgewandelt und sich nun zum Verkauf der von Ihnen bewohnten Wohnung entschlossen, braucht der neue Eigentümer Geduld.

Zu Ihren Gunsten muss er nämlich mindestens eine Wartefrist von drei Jahren einhalten, bevor er Ihnen eine Kündigung wegen Eigenbedarfs präsentiert. Diese Frist beginnt mit der Eintragung des neuen Eigentümers im Grundbuch.

In Gebieten mit Wohnungsnot kann durch Rechtsverordnung der jeweiligen Landesregierung die Sperrfrist bis zu 10 Jahre betragen.

Tipp

Ob für Ihr Gebiet eine 10-jährige Sperrfrist gilt, erfahren Sie bei Ihrer Gemeinde.

Widerspruch wegen besonderer Härte

Aber selbst wenn eine Vermieterkündigung berechtigt ist, hat der Mieter noch gute Chancen, vorerst wohnen bleiben zu können. Kann er sich auf Härtegründe berufen, kann er der Kündigung widersprechen.

Wichtige Vorschriften

§ 573 BGB Ordentliche Kündigung des Vermieters

§ 574 BGB Widerspruch des Mieters gegen die Kündigung

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