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Arbeitnehmerhaftung

Wo gehobelt wird, da fallen Späne

In welchen Fällen muss der Arbeitnehmer Schadenersatz leisten?

In der Schreinerei: Ein Meister zeigt den Lehrlingen in der Werkstatt Pläne.

Schnell ist beim Umzug das Treppenhaus beschädigt oder die Vase bei Malerarbeiten zu Bruch gegangen. Verursachen Sie als Arbeitnehmer einen solchen Schaden, stellt sich schnell die Haftungsfrage. 

Müssen Sie den Schaden aus eigner Tasche ersetzen?

Voraussetzungen der Haftung

Pflichtverstoß

Sie als Arbeitnehmer haften für Schäden, wenn Sie gegen Ihre rechtlichen Pflichten verstoßen haben.

Schaden

Durch diesen Pflichtverstoß haben Sie einen Schaden verursacht.

Verschulden

Sie müssen zudem den Pflichtverstoß und den Schaden verschuldet haben. Das bedeutet, Sie müssen vorsätzlich oder fahrlässig gehandelt haben.

Als Pflichtverletzung kann der Verstoß gegen jede arbeitsvertragliche Pflicht (auch nicht ausdrücklich im Arbeitsvertrag ausgeschriebene) in Betracht kommen. So ist es zum Beispiel eine Pflichtverletzung (grob fahrlässig), wenn Sie sich während einer Dienst-Autofahrt durch ein Telefonat ablenken lassen und es zu einem Unfall kommt. 

Der Schaden muss ursächlich durch das pflichtwidrige Verhalten entstanden sein.

 

Der Grad des Verschuldens ist letztlich maßgeblich:

Grad des Verschuldens

Leichte Fahrlässigkeit

Bei leichtester Fahrlässigkeit haften Sie gar nicht. Dies ist der Fall, wenn es sich um geringfügige Pflichtverletzungen handelt, die leicht entschuldbar sind und schließlich auch jedem passieren können.

Beispiel für leichte Fahrlässigkeit

Der Arbeitnehmer drückt an einer Maschine einen falschen Knopf, der jedoch direkt neben dem richtigen liegt und leicht verwechselt werden kann.

Mittlere Fahrlässigkeit

Bei mittlerer Fahrlässigkeit haften Sie anteilig. Mittlere Fahrlässigkeit bedeutet, dass die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer acht gelassen wird. Der Schadenseintritt jedoch bei entsprechender Sorgfalt vorhersehbar und vermeidbar gewesen ist. Die anteilige Haftung bemisst sich im konkreten Einzelfall an den Faktoren, die zum Schaden geführt haben. Es muss also keine hälftige Haftung sein.

Beispiel für mittlere Fahrlässigkeit

Ein Baggerfahrer beschädigt ein Stromkabel bei Erdarbeiten.

Grobe Fahrlässigkeit

Bei grober Fahrlässigkeit haften Sie in der Regel voll. Dies ist dann gegeben, wenn elementare Sorgfaltspflichten in gravierendem Maß missachtet werden, obwohl deren Bedeutung für jeden verständigen Menschen ohne Weiteres erkennbar sind. In Einzelfällen kann es auch hier zu einer anteiligen Haftung kommen, dies ist dann immer am jeweiligen konkreten Fall zu beurteilen.

Beispiele für grobe Fahrlässigkeit

Nichtanziehen einer Handbremse beim Parken auf abschüssiger Strecke. *** Autofahren im alkoholisierten Zustand. *** Vertauschen von Blutkonserven durch medizinisches Personal.

Vorsatz

Die volle Haftung besteht für Vorsatz.

Gut zu wissen

Ihr Arbeitgeber muss beweisen, dass Sie durch pflichtwidriges Verhalten einen Schaden verursacht haben und in welchem Maße dies schuldhaft geschehen ist, § 619a BGB.

Voraussetzung für die vorgenannten Haftungsbegrenzungen ist stets, dass die Tätigkeit während der der Schaden entstanden ist, betrieblich veranlasst war. Wird ein privat genutzter Dienstwagen in der Freizeit in einen Unfall verwickelt, besteht ein voller Schadenersatzanspruch.

Den Arbeitgeber kann ein Mitverschulden treffen, beispielsweise durch mangelnde Aufklärung und Einweisung in die Tätigkeit und das Arbeitsgerät oder bei Missachtung von Arbeitsschutzvorschriften.

Wie sich der Schaden berechnet

Bei der Berechnung des Schadens ist zunächst zu klären, ob der Arbeitgeber den eingetretenen Schaden hätte versichern können oder versichert hat. Wenn eine entsprechende Versicherung üblich und zumutbar ist, kann nicht der volle Schaden bei der Berechnung berücksichtigt werden. Hätte der eingetretene Schaden versichert werden können, kann Ihre Haftung nur auf die Selbstbeteiligung beschränkt werden.

 

Beispiel:

Ein Transportunternehmer schließt für einen LKW seiner Flotte keine Kaskoversicherung ab. Der Fahrer (Arbeitnehmer des Spediteurs) verursacht durch mittlere Fahrlässigkeit einen Verkehrsunfall. Es entsteht ein Schaden von 20.000 Euro. Da der Arbeitgeber das Fahrzeug hätte versichern können, dies jedoch nicht getan hat, muss er sich diesen Schaden anrechnen lassen. Der Arbeitnehmer kann also nur für die fiktive Selbstbeteiligung und den fiktiven Verlust des Schadenfreiheitsrabatts herangezogen werden.

 

Weiter ist der Schadenersatz anhand der durch den Schaden verursachten Vermögensminderung des Arbeitgebers zu ermitteln.
 

Danach sind beispielsweise zu ersetzen:

  • Kosten für die Reparatur einer Maschine, gegebenenfalls deren Wertminderung
  • durch Produktionsausfall entgangener Gewinn
  • Kosten des Kunden bei Lieferverzögerungen, -ausfall oder Konventionalstrafen
  • veranlasste und notwendige Detektivkosten

Steuerliche Vorteile muss der Arbeitgeber ebenfalls bei der Schadensberechnung berücksichtigen.

Schadenersatz eines Dritten

Verletzen Sie das Eigentum eines Kunden, eines Lieferanten oder anderen Vertragspartners Ihres Arbeitgebers, sind Sie zum Schadenersatz verpflichtet. Dabei ist es Sache des geschädigten Dritten, ob er zunächst Ihren Arbeitgeber in Anspruch nimmt oder Sie direkt. Die im Arbeitsverhältnis bestehenden oben beschriebenen Haftungsminderungen bestehen im Verhältnis Schädiger - Dritter übrigens nicht. Es handelt sich hier nicht um ein Arbeitsverhältnis.

Der Arbeitgeber muss Sie von der Haftung freistellen und zwar in dem Maß, wie er den Schaden selbst tragen müsste. Maßgeblich ist also, in welchem Umfang der Arbeitgeber haften würde, wenn der Schaden nicht bei dem Dritten, sondern direkt bei Ihrem Arbeitgeber entstanden wäre.

Gut zu wissen

Wenn ein Arbeitskollege durch Sie einen Schaden während der Arbeit erleidet, springt die gesetzliche Unfallversicherung ein. Die Unfallversicherung kann Sie jedoch in Regress nehmen, wenn Sie den Personenschaden grob fahrlässig oder gar vorsätzlich herbeigeführt haben.

Sonderfall: Mankohaftung

Ein Manko liegt vor, wenn Ihnen Waren- oder Kassenbestände anvertraut sind und hier Differenzen auftauchen.

In Ihrem Arbeitsvertrag kann bereits eine Mankoabrede enthalten sein. Danach haften Sie für Waren- oder Kassenfehlbestände verschuldensunabhängig. Solch eine Abrede ist aber nur dann zulässig, wenn Ihr Arbeitgeber Ihnen ein Mankogeld, das heißt einen monatlichen Festbetrag als Ausgleich, zahlt.

Gibt es diese Vereinbarung nicht, haften Sie nur, wenn Ihr Arbeitgeber beweisen kann, dass es durch Ihr pflichtwidriges Verhalten zu einem Fehlbestand gekommen ist. Sie müssen zur Aufklärung der Fehlbestände beitragen.

Auch mit entsprechender Vereinbarung tritt die Mankohaftung nicht bei einem Schaden ein, der außerhalb Ihrer Einflussmöglichkeiten liegt, beispielsweise werden Sie als Kassiererin beraubt.

Welche Konsequenzen können Fehler für den Arbeitnehmer haben?

Ihr Arbeitgeber kann den Schadenersatzbetrag von Ihrem Nettogehalt, also nach Abzug der Sozialversicherungsbeiträge und Steuern, abziehen. Hierbei hat er jedoch Pfändungsfreigrenzen nach der Lohnpfändungstabelle zu berücksichtigen.

Ihr Arbeitgeber kann auch einen Titel gegen Sie erwirken. Dazu muss er Sie verklagen oder ein Mahnverfahren einleiten.

Mahnt Ihr Chef Sie ab oder übergibt Ihnen gar die Kündigung, sind Sie nicht wehrlos. Gegen eine Abmahnung oder eine Kündigung können Sie gegebenenfalls gerichtlich vorgehen.

Gut zu wissen

Schadenersatzforderungen des Arbeitgebers unterliegen häufig Ausschlussfristen. Diese können sich aus Tarifvertrag oder Arbeitsvertrag ergeben. Macht Ihr Arbeitgeber einen Schadenersatz gegen Sie geltend, prüfen Sie, ob es Ausschlussfristen gibt! Hält Ihr Arbeitgeber sich nicht an Ausschlussfristen, kann er Ihnen zum Schadenersatz verpflichtet sein.

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