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Wiederbeschaffungswert – warum er so wichtig ist

Mehr als eine Wertschätzung

Nicht nur im Falle eines Totalschadens ist der Wiederbeschaffungswert ein wichtiger Maßstab, um den Wert Ihres Autos zu ermitteln.

Ein blaues Modellauto wird mit einer Lupe betrachtet.

Als Autobesitzer haben Sie vermutlich schon mal vom Wiederbeschaffungswert gehört. Aber warum genau gibt es den Wiederbeschaffungswert fürs Auto? Wie lässt sich der Wiederbeschaffungswert berechnen? Und was muss ich als Kfz-Besitzer über den Wiederbeschaffungswert wirklich wissen?

Wiederbeschaffungswert Auto: Die wichtigsten Infos auf einen Blick

Der Wiederbeschaffungswert beziffert den Wert des Schadensersatzes für den Totalschaden eines Autos.

  • Für Versicherungen – und damit auch für den geschädigten Fahrzeugbesitzer – ist der Wiederbeschaffungswert im Schadensfall eine wichtige Grundlage zur Berechnung des Schadensersatzes.
  • I. d. R. kommt der Wiederbeschaffungswert beim Totalschaden eines Autos zum Tragen.
  • Ein unabhängiger Gutachter oder Sachverständiger berechnet den Wiederbeschaffungswert, dabei orientiert er sich am Wert des Fahrzeuges vor dem Zeitpunkt des Schadens.

Was sagt der Wiederbeschaffungswert aus?

Der Wiederbeschaffungswert ist im Rahmen einer Kfz-Versicherung bei 3 Ereignissen entscheidend:

  • Totalschaden des Autos durch einen Unfall
  • Diebstahl des Autos
  • Zerstörung des Autos durch ein Naturereignis

Mit der individuellen Ermittlung und Festlegung des Wiederbeschaffungswerts kann die Versicherung gewährleisten, dass der Versicherte den Wert seines Fahrzeugs vor dem Schaden und damit seinen Verlust ersetzt bekommt.

Der Wiederbeschaffungswert dient auch als Berechnungsgrundlage dafür, ob sich in einem der Fälle noch eine Reparatur lohnt oder nicht.

Wiederbeschaffungswert, Restwert, Zeitwert: Das bedeuten die einzelnen Begriffe

Der Wiederbeschaffungswert legt den Wert des Autos vor dem Unfall fest. Der Restwert eines Autos gibt hingegen den Betrag an, den der Besitzer für sein Unfallfahrzeug – also für das Auto nach dem Unfall – auf dem Markt erhalten würde. Wie den Wiederbeschaffungswert ermittelt ein Gutachter auch der Restwert.

Ein anderer Ausdruck für den Restwert ist der Zeitwert. Mit diesem Ausdruck wird deutlich gemacht, dass es sich um den Restwert des Autos zu einem bestimmten Zeitpunkt handelt, z. B. nach dem Unfall.

Wiederbeschaffungswert: Wann ist mein Auto ein wirtschaftlicher Totalschaden?

Bei einem Unfallschaden prüft die Versicherung immer, ob das Auto repariert werden kann. Sind diese Reparaturkosten höher als der Wiederbeschaffungsaufwand und das Auto ist noch fahrtüchtig, spricht man von einem wirtschaftlichen Totalschaden. Die Reparatur wäre zwar möglich, lohnt sich aber nicht mehr. Ein technischer Totalschaden liegt hingegen vor, wenn das Auto nicht mehr fahrtüchtig ist.

Wiederbeschaffungswert und Wiederbeschaffungsaufwand: Wo ist der Unterschied?

Der Wiederbeschaffungsaufwand ist der Wiederbeschaffungswert abzüglich des Restwerts.

Ein Beispiel: Der Wiederbeschaffungswert eines Fahrzeugs beträgt 5.000 €. Die Reparaturkosten liegen aber bei 6.200 € – sie sind also höher als der Wiederbeschaffungswert. Der Restwert des Unfall-Fahrzeugs beträgt 1.000 €.

In diesem Fall würde das Auto zunächst als wirtschaftlicher Totalschaden eingestuft.

Der Versicherungsnehmer würde also als Schadensersatz die Summe des Wiederbeschaffungswerts abzüglich des Restwerts erhalten: 5.000 € minus 1.000 € = 4.000 €. Diese 4.000 € entsprechen dem Wiederbeschaffungsaufwand.

In diesem Fall könnte der Versicherungsnehmer sich aber auch auf die 130 %-Regel berufen und das Auto trotzdem auf Kosten der zuständigen Versicherung reparieren lassen.

Der Wiederbeschaffungswert und die 130 %-Regel: Nicht nur für echte Liebhaber

Manchen Menschen ist ihr Auto einfach ans Herz gewachsen. Sie wollen sich auch bei einem Unfall und einem wirtschaftlichen Totalschaden nicht von ihrem Liebling trennen, sondern lieber nochmals investieren. Natürlich bleibt es jedem selbst überlassen, ob er sein Auto auch bei einem wirtschaftlichen Totalschaden wieder reparieren lässt. So kann es eine Menge Stress ersparen, das Auto in die Werkstatt zu bringen, anstatt Zeit in die Suche nach einem neuen Fahrzeug zu investieren.

Für die kostentechnische Abwicklung mit der Versicherung gibt es die 130 %-Regel. Sie besagt, dass im Falle eines wirtschaftlichen Totalschadens die Reparaturkosten den Wiederbeschaffungswert des beschädigten Autos nicht um mehr als 30 % übersteigen dürfen.

Zur Erinnerung: In unserem Beispiel liegt der Wiederbeschaffungswert bei 5.000 €. 30 % von 5.000 € sind 1.500 €. Damit die 130 %-Regel greift, dürfen die Reparaturkosten nicht über 6.500 € liegen.

Die Reparaturkosten liegen in diesem Fall mit 6.200 € unter der Grenze von 130 % des Wiederbeschaffungswerts. Somit könnte der Versicherungsnehmer trotz des wirtschaftlichen Totalschadens sein Auto auf Kosten der gegnerischen Haftpflicht oder seiner eigenen Kasko-Versicherung reparieren lassen.

Bedingungen für die 130 %-Regel

Allerdings gibt es für die Reparatur nach der 130 %-Regel ein paar weitere Bestimmungen:

  • Das Auto muss nach der Reparatur für mindestens 6 Monate weitergefahren werden und natürlich versichert sein.
  • Die Reparatur des Autos muss nach den Vorgaben eines Sachverständigen im Rahmen eines Gutachtens ausgeführt werden. Diese Vorgaben müssen auf der Rechnung genau dokumentiert sein.
  • Der Versicherungsnehmer kann die Reparatur auch auf eigene Faust oder durch eine von ihm beauftragte Werkstatt erledigen lassen – aber auch dabei sind alle Vorgaben des Gutachtens bzw. des Sachverständigen zu erfüllen. Dies prüft die Versicherung i. d. R. nach.

Wie berechnet sich der Wiederbeschaffungswert?

Grundsätzlich ist die Berechnung des Wiederbeschaffungswerts eines Autos davon abhängig, ob es sich bei dem Fahrzeug um einen Neuwagen oder einen Gebrauchtwagen handelt.

Bei einem Neuwagen ist meist der Listenpreis entscheidend. Laut einem Urteil des Bundesgerichtshofs gilt ein Fahrzeug ab dem Zeitpunkt der Herstellung bis zu 12 Monate lang als Neuwagen. An diese Frist halten sich auch die meisten Versicherungen – wie ERGO. Manche Versicherungen bieten an, diese Frist zu verlängern.

Komplizierter wird es dagegen bei einem Gebrauchtwagen. Dabei ist neben Marke, Modell, Baujahr und Kilometerstand vor allem der individuelle Zustand des jeweiligen Fahrzeugs entscheidend – und es gibt noch eine Reihe anderer Faktoren, von denen der Wiederbeschaffungswert eines Autos abhängig ist.

Zwar liefert die sogenannte Schwacke-Liste mit einem durchschnittlichen Fahrzeugwert des gleichen Modells erste Anhaltspunkte. Dies ist aber nur eine erste Orientierung und bietet keine verlässliche Grundlage, um den Wiederbeschaffungswert zu bestimmen.

Gutachten zur Festlegung des Wiederbeschaffungswertes

Um einen verlässlichen Wert zu ermitteln, beauftragt eine Versicherung zur Bestimmung des Wiederbeschaffungswerts eines Autos immer einen Gutachter. Dieser muss eine Menge Fragen klären und beantworten:

  • Allgemeiner Zustand: Wie gepflegt war das Fahrzeug? Welche Ausstattung hatte es? Welche Services wurden durchgeführt? Ist das Auto nachweislich scheckheftgepflegt?
  • Beschädigungen: Welche Schäden am Fahrzeug waren schon vorhanden – und welche sind erst durch den Unfall oder das Naturereignis hinzugekommen?
  • Anzahl der Vergleichsmodelle: Wie gebräuchlich ist das spezielle Modell bzw. wie viele vergleichbare Autos gibt es? Für einen VW Golf wird es immer eine Referenz geben. Aber für ungewöhnliche Modelle ist das nicht immer sicher. In solchen Fällen ist es auch für einen Gutachter äußerst schwierig, den Wiederbeschaffungswert genau zu taxieren.
  • Regionale Unterschiede: In manchen Bundesländern sind Gebrauchtwagen teurer als in anderen. Die Preise für den Wiederbeschaffungswert eines Autos unterscheiden sich regional um mehrere tausend Euro.
  • Reparaturkosten: In Zusammenarbeit mit qualifizierten Werkstätten ermittelt der Gutachter auch die Reparaturkosten und kann so eine Einschätzung darüber geben, ob ein wirtschaftlicher oder technischer Totalschaden vorliegt oder das Auto noch repariert werden kann.

Wichtig zu wissen: Der Wiederbeschaffungswert beinhaltet auch mögliche Finanzierungskosten sowie die Marge für den Gewinn des Autohändlers. Somit liegt der Wiederbeschaffungswert immer über dem tatsächlichen Preis, den ein Gebrauchtwagenkäufer für das Auto vor dem Unfall bezahlt hätte.

Was kann ich tun, wenn ich mit dem Wiederbeschaffungswert meiner Versicherung nicht einverstanden bin?

Gerade bei einem Gebrauchtwagen ist die Ermittlung und Festlegung des Wiederbeschaffungswerts oft umstritten. Der Versicherungsnehmer wünscht sich einen möglichst hohen Wiederbeschaffungswert, die Versicherung einen möglichst niedrigen. Auch wenn unabhängige Gutachter in beiderseitigem Interesse bemüht sind, eine genaue Wertschätzung vorzunehmen, kann es zum Wiederbeschaffungswert eines gebrauchten Autos durchaus mehrere Meinungen geben.

Sind Sie als Versicherungsnehmer nicht mit der Höhe des ermittelten Wiederbeschaffungswerts einverstanden, können Sie dagegen vor Gericht klagen. Dann beauftragen Sie einen eigenen Sachverständigen, um einen anderen Wiederbeschaffungswert zu ermitteln. Die Kosten für ein solches Gutachten betragen allerdings schnell mehrere tausend Euro – besonders dann kann sich also eine Rechtsschutzversicherung lohnen.

Wer bezahlt den Wiederbeschaffungswert?

Die Auszahlung des Wiederbeschaffungswerts übernimmt je nach Unfallart die Haftpflicht des Unfallgegners oder die Teilkasko- bzw. die Vollkasko-Versicherung des Fahrzeughalters. Als Versicherter können Sie sich im Falle eines Totalschadens damit das gleiche Modell kaufen oder gegen Aufpreis ein neueres, anderes Fahrzeug.

Die Versicherung zahlt den Wiederbeschaffungswert abzüglich des Restwerts und einer möglichen Selbstbeteiligung. Der geschädigte Versicherungsnehmer bekommt den Wiederbeschaffungswert direkt von seiner Versicherung ausgezahlt.

Wann und warum wird der Restwert vom Wiederbeschaffungswert abgezogen?

Als Versicherungsnehmer bekommen Sie mit dem Wiederbeschaffungswert einen Ausgleich für den Verlust oder die Beschädigung Ihres Autos. Gleichzeitig steht Ihnen nach wie vor das Unfallauto zur Verfügung – und dieses Unfallauto hat einen Restwert. Auch diesen Restwert ermittelt ein Gutachter.

Wie hoch auch immer der Restwert ausfällt, er wird grundsätzlich vom Wiederbeschaffungswert abgezogen. Sonst würden Sie als Versicherungsnehmer nach dem Verkauf des Autos den Restwert doppelt kassieren.

Im Falle eines Diebstahls oder eines technischen Totalschadens wird natürlich der komplette Wiederbeschaffungswert ausgezahlt – dabei gibt es ja kein Auto mehr, das dem Versicherungsnehmer noch zur Verfügung steht bzw. das er verkaufen kann. Dementsprechend gibt es auch keinen Restwert.

Ermittlung des Restwerts: Das sind Ihre Pflichten als Versicherungsnehmer

Ähnlich wie die Höhe des Wiederbeschaffungswerts ist auch die Höhe des Restwerts umstritten. Für Versicherungen ist es vorteilhaft, wenn ein möglichst hoher Restwert ermittelt wird. Schließlich mindert das den an den Versicherungsnehmer auszuzahlenden Wiederbeschaffungswert.

Manche Versicherungen drängten deshalb ihre Versicherungsnehmer dazu, nach dem bestmöglichen Angebot zu suchen und so einen möglichst hohen Restwert zu erzielen. Diese Praxis wurde aber in mehreren Urteilen als rechtswidrig verworfen. Nach dem Verlust des Autos ist es für den Geschädigten nicht zumutbar, nach dem bestmöglichen Angebot suchen zu müssen. Genauso wenig muss der Versicherungsnehmer auf das Angebot einer mit der Versicherung verbundenen Werkstatt oder eines bestimmten Gebrauchtwagenhändlers warten.

Gibt es aber einen konkreten Interessenten, der bereit ist, eine höhere Summe als den Restwert für das Unfallauto zu zahlen, muss der Versicherungsnehmer dieses Angebot annehmen.

Wird der Wiederbeschaffungswert brutto oder netto ausgezahlt?

Vorneweg: Für die Auszahlung des Wiederbeschaffungswerts als Brutto- oder Netto-Summe gibt es zahlreiche Ausnahmen und Regelungen. Um die Sache möglichst klar und einfach zu halten, gehen wir davon aus, dass der Versicherungsnehmer eine Privatperson ist, die ihr Auto nicht geschäftlich nutzt.

In diesem am meisten verbreiteten Fall zahlt die Versicherung den Wiederbeschaffungswert zunächst nur netto aus. Dabei wurde die Umsatzsteuer in Höhe von 19 % abgezogen. Der Schaden wird also zunächst „fiktiv“ abgerechnet. Fiktiv deshalb, weil der erstattete Schadensersatz noch nicht tatsächlich für den Zweck der Wiederbeschaffung eines gleichwertigen Fahrzeugs verwendet wurde.

Die Umsatzsteuer erhält der Versicherungsnehmer erst, wenn er tatsächlich ein anderes Auto – mindestens in Höhe des Wiederbeschaffungswerts – gekauft hat. Wichtig ist hierfür, dass der Händler auf der Rechnung die Mehrwertsteuer ausweist.

Warum zieht die Versicherung die Mehrwertsteuer ab?

Die Versicherung zieht die Mehrwertsteuer in Höhe von 19 % dann ab, wenn eine fiktive Schadensregulierung vorliegt. Denn nur der Schaden wird erstattet, der dem Geschädigten auch wirklich entstanden ist. Nur wenn die von der Versicherung erhaltene Summe des Wiederbeschaffungswerts auch wirklich in den Kauf eines neuen Autos investiert wird, kann die Versicherung davon ausgehen, dass auch wirklich ein Schaden in dieser Höhe entstanden ist.

Ist der Kauf eines neuen Autos im gleichen Wert durch einen Kaufvertrag mit ausgewiesener Mehrwertsteuer belegt, bekommen Sie auch die Mehrwertsteuer ausbezahlt.

Alternativ kann der Versicherungsnehmer auch einfach bei einer fiktiven Abrechnung bleiben und sich ein günstigeres Auto kaufen. Damit erkennt der Versicherungsnehmer allerdings auch an, dass der Schaden doch nicht so hoch war, wie der eigentlich taxierte Wiederbeschaffungswert. In diesem Fall muss die Versicherung dann auch nur die Netto-Summe ausbezahlen.

Wem gehört das Auto nach einem Totalschaden?

Unabhängig von der Regulierung des Schadensersatzes über den Wiederbeschaffungswert bleibt auch ein Auto mit wirtschaftlichem Totalschaden immer im Besitz des Fahrzeughalters. Er kann das Auto dann entweder zum Restwert verkaufen oder innerhalb der 130 %-Regel auf Kosten der Versicherung reparieren lassen. Greift die 130 %-Regel nicht, kann er eine Reparatur auf eigene Kosten veranlassen.

Kann ich das Auto nach einem wirtschaftlichen Totalschaden verkaufen?

Auch nach einem Totalschaden bleiben Sie – unabhängig von der Regulierung durch Ihre Versicherung – Besitzer und damit alleiniger Entscheider über die Weiterverwendung Ihres Kfz. Sie können Ihr Auto also auch nach einem wirtschaftlichen Totalschaden zum Restwert verkaufen.

Neupreisentschädigung statt Wiederbeschaffungswert: Wie sinnvoll ist das?

Viele Versicherungen bieten beim Abschluss einer Teil- oder Vollkasko-Versicherung auch eine Neupreisentschädigung an. In diesem Fall erhalten Sie bei einem wirtschaftlichen oder technischen Totalschaden, einer Zerstörung durch ein Naturereignis oder bei einem Diebstahl den Neupreis für Ihr Fahrzeug. Das ist in der Regel wesentlich mehr als der Wiederbeschaffungswert.

Dies lohnt sich vor allem dann, wenn der von Ihnen gekaufte Neuwagen bereits im ersten Jahr einen deutlichen Wertverlust hat.

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