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Wenn Glocken zum Ärgernis werden

Geweckt vom Geläut

Nicht nur in ländlichen Gegenden gehört das Glockengeläut zum Alltag dazu. Für direkte Nachbarn kann es da schon mal laut werden.

Einer junge Frau leiden an Kopfschmerzen und liegt im Bett.

Rechtsfrage des Tages:

Glockengeläut ist nicht jedermanns Sache. Ziehen Sie in die Nähe einer Kirche, werden Sie meist aber wenig unternehmen können. Können Sie gegen Glockenschläge rechtlich vorgehen?

Antwort:

Die einen finden gelegentliche Glockenschläge oder auch intensives Läuten als heimelig und schön. Andere fühlen sich durch den Stundenschlag der Kirchglocke oder dem sonntäglichen Glockengeläut gestört. Ob Sie etwas gegen das Geläut unternehmen können, kommt auf dessen Art und auch die Lautstärke an.

Kirchlich oder weltlich

Für die Frage eines erfolgversprechenden Rechtsschutzes kommt es auf verschiedene Faktoren an. Zu unterscheiden ist zunächst, ob es sich um sakrales Geläut handelt, z. B. das Angelusläuten der katholischen oder das Betzeitläuten der evangelischen Kirche oder um weltliches Geläut, beispielsweise das Stundengeläut. Ob ein Geläut allgemein eine unzumutbare Lärmbelästigung ist, regelt sich nach den immissionsschutzrechtlichen Vorschriften, insbesondere bestimmten Lärmrichtwerten. Allerdings finden diese Vorschriften auf das sakrale Geläut keine Anwendung.

Sakrales Läuten ist hinzunehmen

Für Entscheidungen über sakrales Geläut sind die Verwaltungsgerichte zuständig. Diese sehen für das sakrale Geläut eine Privilegierung als Folge des verfassungsrechtlich garantierten Selbstbestimmungsrechts der Kirchen und dem Schutz der freien Religionsausübung. Auch wenn einzelne Gerichte zwischenzeitlich auch schon mal den Anwohnern Recht gegeben haben, so muss in der Regel das Ruhebedürfnis des Einzelnen hinter diesen Grundrechten zurückstehen. Bereits 1996 hat das Bundesverwaltungsgericht eine entsprechende Entscheidung gefällt (BVwerG, Urteil vom 02.09.1996, Aktenzeichen: 4 B 152/96). Selbst wenn das sakrale Glockengeläut die Lärmrichtwerte überschreitet, sind die Erfolgsaussichten vor dem Verwaltungsgericht eher gering. 

Stundenschlag

Anders kann der Fall beim weltlichen Geläut liegen. Hierbei kommt es darauf an, ob das Geläut die je nach Tageszeit unterschiedlichen Lärmrichtwerte überschreitet oder nicht. Eine nur kurzfristige Überschreitung um einen bestimmten Wert kann aber auch zulässig sein. Allerdings gehen die meisten Gerichte mittlerweile davon aus, dass das Stundengeläut nicht der Religionsausübung dient. In heutiger Zeit sei es auch nicht mehr notwendig, haben doch heute nahezu alle Leute eine Uhr. Überschreitet also das Stundengeläut in Ihrer Nachbarschaft regelmäßig die Richtwerte deutlich, stehen Ihre Chancen zumindest etwas besser als bei sakralem Geläut. Auch bei anderem weltlichen Läuten, zum Beispiel durch Glockenspiele, gelten diese Grundsätze. Es kommt also wieder darauf an, ob das Geläut durch Überschreitung der Lärmrichtwerte die Nachbarschaft oder Allgemeinheit gefährdet oder zumindest erheblich belästigt.

Schon immer so

Aber selbst beim weltlichen Geläut können besondere Umstände eine Rolle spielen. Von den Anwohnern wird nämlich auch eine gewisse Toleranz gefordert. Wenn in einem Dorf schon seit hundert Jahren die Kirchturmglocke ohne jegliche Beschwerde die Zeit schlägt, wird ein Anwohner sich auch kaum plötzlich dagegen wehren können. Stören die Kirchenglocken erheblich, sollten Sie sich bei der Wahl Ihrer neuen Wohnung die Nachbarschaft anschauen. Liegt die Wohnung in unmittelbarer Nähe zu einer Kirche, sollten Sie lieber weitersuchen.

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